Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

306 Der Krieg in den deutschen Schutzgebieten bis Anfang November 1914 
B o n g a am 6. August von französischen, den Kongo aufwärts kommenden Truppen 
überfallen. Ein Teil der Besatzung konnte sich Sanga aufwärts nach Jkelemba zurück 
ziehen. An der Südgrenze wurde im Munibezirk der Posten Mondaberg (an der 
Grenze südlich von Ukoko gelegen) von den Franzosen, die aus dem nahe gelegenen 
Libreville vorbrachen, besetzt. 
Ueber den Ueberfall auf den deutschen Posten B o n g a sind wir durch den Brief eines 
Augenzeugen genau unterrichtet. Ein französisches Schiff näherte sich langsam auf dem 
Kongo. Plötzlich eröffnete es ein heftiges Geschütz- und Gewehrseuer, vor dem sich die 
Bewohner, darunter auch der Briefschreiber, in den Wald zurückzogen. „Hier machten 
wir Halt," fährt der Bericht fort. „Ich hörte lebhaftes Gewehrfeuer; wem das galt, 
war mir unbegreiflich, da doch von unserer Seite niemand mehr in Bonga war. Jetzt 
kamen geflüchtete Neger bei uns an, die mir erzählten, daß weiße Offiziere bei den 
fremden Soldaten wären. Darauf ging ich zurück zu meiner Faktorei, die erbrochen und 
fast vollständig ausgeraubt war. Zwei Blechkasten mit ungefähr 1900 Franken waren 
ebenfalls weg. Das Dorf war vollständig leer. Nach einiger Zeit bemerkte ich am Ende 
der Dorfstraße eine Anzahl schwarzer Soldaten mit einem Kolonialvffizier; dieser winkte 
mich herbei und fragte mich, wer ich wäre; auf meine Antwort, daß ich der Vertreter 
einer englischen Company sei, wurde ich vor den Kommandanten geführt, der meine 
Papiere durchsah und mir erklärte, da ich Deutscher sei, müsse er mich zum Kriegs 
gefangenen machen. Ich wurde nicht mehr zu meiner Faktorei zurückgelassen und Tag 
und Nacht von drei Soldaten bewacht. Ebenso wie meine Faktorei (das heißt die eng 
lische), war auch die Faktorei der französischen Kompagnie total ausgeplündert worden. 
Am andern Tage kam ein Flußdampfer mit einem deutschen Kapitän und 60 schwarzen 
Arbeitern den Fluß herauf. Der Dampfer wurde von den französischen Truppen ge 
entert, der Kapitän, Herr Höpfner, von der Handelsgesellschaft Südkamerun, wurde 
durch Schulterschuß schwer verwundet, und die 60 hilflosen Neger wurden alle abge 
schlachtet. Nach zwei Tagen wurde ich auf einem Dampfer unten im Laderaum (der 
80 ein hoch ist) nach Brazzaville am Stanleypool gebracht, wo ich über und über mit 
Schlamm bedeckt, ankam und im Gefängnis mit Schwarzen zusammen zwei Monate 
kriegsgefangen war. Von meinen Koffern hatte ich noch drei, die andern waren ge 
stohlen. In einem dieser Koffer befanden sich 700 Franken meiner Company und 
1500 Franken persönliches Geld. Diese 2200 Franken nahm der Offizier des Dampfers, 
der mich nach Brazzaville brachte, trotz meines Einspruchs an sich. Nach zwei Monaren 
ließ mich der Gouverneur gegen Ehrenwort frei. Die 2200 Franken bekam ich, da ich 
keine Quittung hatte, nicht zurück. Es gelang mir, nach der Küste zu kommen und mit 
einem portugiesischen Schiff über Lissabon heimzugelangen." 
8. August. 
Charakteristisch für das Verhältnis zwischen Verwaltung und Eingeborenen ist der 
Kriegserlaß des kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun, 
Ebermaier. Es heißt in dieser Bekanntmachung u. a. wörtlich: „Der Deutsche Kaiser 
hat sein Volk zu den Waffen gerufen gegen Frankreich und Rußland, die es bedrohten... 
England ist neidisch auf uns, weil die Deutschen fleißiger und tüchtiger sind als die Eng 
länder, fürchtet sich aber uns allein anzugreifen. Heimtückisch ist es uns jetzt in den 
Rücken gefallen. Der Deutsche Kaiser hat genug Soldaten und Schiffe, um auch gegen 
England siegreich zu kämpfen. Uns hilft ein mächtiger, treuer Verbündeter, der Kaiser 
von Oesterreich-Ungarn, mit allen seinen Soldaten und Schiffen. Uns hilft ferner der 
Sultan in Stambul, der in Glaubenssachen der Oberherr aller Mohammedaner ist. In 
Deutschland ist kein Mann, der ein Gewehr tragen kann, in seiner Stadt geblieben. Alle 
sind dem Feinde entgegengeeilt, um zu kämpfen. Die Frauen helfen die Verwundeten
	        
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