Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Die Kämpfe der Armee des deutschen Kronprinzen. — In den Vogesen und im Sundgau 133 
Der Gegner steht uns auf nächste Entfernungen gegenüber, auf Entfernungen, die 
man bisher im offenen Feldkriege nicht kannte. Fünfzig, dreißig Meter, ja oft noch 
näher lauern drüben die Rothosen hinter ähnlichen Deckungen. Diese sind sehr schwer 
erkennbar. Vollkommen mit Blätterwerk maskiert und mit Schießscharten versehen, da 
hinter gedeckte Annäherungswege; man kämpft sozusagen mit einem unsichtbaren Gegner. 
Ueberaus schwer haben es hier unsere Patrouillen. Nur mit äußerster Vorsicht ver 
mag man in dem Strauchgewirr vorzudringen, und oft zeigt nur eine unbedachte Be 
wegung drüben plötzlich an, daß dort ein schußbereiter Gegner ist. Da heißt es dann, 
rasch handeln, wer zuerst gut zielt und schießt, hat meist gewonnen. Es ist hier das 
reinste Punktschießen, wie aus dem Scheibenstand. 
Besonders heftig wird der Feuerkampf gegen Abend, wenn die auf beiden Seiten not 
wendige Ablösung und Verpflegung eintritt. Da tun sich besonders unsere Gegner 
durch unsinnig rasches Schießen hervor, Salve auf Salve kracht, dazwischen rattern die 
Maschinengewehre, gellen Gebirgsgeschütze, Minen springen mit nervenaufreibendem 
Knall, Leuchtkugeln erhellen das Dunkel, von ferne her rollt dumpfer Donner der 
schweren Geschütze. Ein schaurig schönes Bild, das bei dem Beteiligten aber ein großes 
Maß von Selbstbeherrschung, Mut und Tatkraft erfordert und an Führer wie Soldaten 
die höchsten Anforderungen stellt." 
Ein Berichterstatter des „Berliner Lokalanzeigers" hat das Schlachtfeld bei Ver 
dun besucht. Er erzählt: „Ich habe am 30. September im Operationsgebiet im Ar- 
gonnenwald und nördlich von Verdun geweilt. Drei französische Fesselballons waren 
über der belagerten Stadt sichtbar. In der Nähe des Bahnhofs von Verdun zeigte 
sich reges militärisches Leben. Zur Beruhigung der kunstbegeisterten Engländer kann 
mitgeteilt werden, daß die Kathedrale noch unversehrt ist. Westlich von Verdun auf 
den Höhen und in den Tälern des Argonnenwaldes sind Geschützgefechte im Gang; die 
Franzosen schossen ihre eigenen Städte und Dörfer in Brand, in denen sie unsere 
Truppen vermuteten. Von den Höhen herab war den ganzen Tag über der Brand von 
zwei kleinen Städten zu beobachten. Der größte Teil des Zerstörungswerks, das sich 
in den Ardennen und in den Argonnen vollzieht und vollzogen hat, ist aus die Rech 
nung der Franzosen zu setzen... Die Ernte verfault allenthalben auf dem Feld. Die 
Frage der Ernährung der zurückgebliebenen Zivilbevölkerung wird im Winter recht 
schwierig werden. Unsere wackern Jungen teilen schon jetzt mit den Aermsten die Nah 
rung, die sie selbst erhalten. 
Besonders macht uns im Argonnenwald die englische Artillerie zu schaffen; aber an 
der eisernen Front, die wir entwickeln, scheitert alle Kunst des Feindes." 
In den Vogesen und im Sundgau 
Die Gefechte in den Vogesen 
Die seit der Schlacht bei Metz ziemlich unveränderte Kriegslage in den mittleren 
Vogesen schildert der bekannte Musikkritiker Paul Bekker, der selbst den Krieg mit 
macht, in der „Frankfurter Zeitung". Er schreibt: „„Zweck der Vogesenbesetzung ist, 
möglichst viel Feinde festzuhalten, damit sie nicht an der Entscheidungsschlacht teilnehmen 
können." So heißt es in einem in unsere Hände gefallenen Tagesbefehl des „Abtei 
lungschefs der Alpenjägerbataillone der gemischten Brigade der Schlucht". Zweck un 
serer Vogesenbesetzung wird es nun sein, die Taktik des Gegners unwirksam zu machen, 
wiederum mit möglichst wenig Truppen den Feind ständig zu beschäftigen und ihn all 
mählich aus seinen gesicherten Stellungen herauszudrängen. Große Schlachten sind bei
	        
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