Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

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Der Seekrieg b i s Anfang November 1914 
sich jedoch in der Ferne. Die Deutschen bemächtigten sich darauf des einem Herrn Roß 
gehörenden Schoners „Ayesha", verproviantierten sich und segelten ab. 
Die englische Presse war noch Wochen lang nach dem Untergang der „Emden" voll 
von Einzelerzählungen über die kühnen Streiche des gefürchteten Gegners. Besonders 
die Kapitäne und Steuerleute der versenkten englischen Dampfer wußten zu erzählen. 
Die Offiziere und die Mannschaften der „Emden" waren sehr edelmütig gegen ihre 
Feinde. Die Offiziere haben ihnen ihre eigenen Kabinen eingeräumt und vom besten 
Essen gegeben, das sie hatten. Sie erzählten ihnen ganz offen ihre Pläne, daß sie 
bald wieder von ihnen hören sollten, wenn sie ihnen Lebewohl sagten und die Hand 
zum Abschied drückten. Sie hatten seit etwa drei Wochen keine Seife gehabt, und 
als sie in einer gekaperten Ladung einige Kisten Seife fanden, hielten sie erst große 
Wäsche am eigenen Körper und ihrer Sachen und schickten daraus ein Funkentelegramm 
an die Regierung in Kalkutta und dankten für die Seife. Sie wußten so genau, wo 
sich ihre Opfer befanden, daß sie zu der Mannschaft des zuletzt versenkten Dampfers 
sagten, sie würden zu der und der Zeit einen neuen Fang machen. Interessant sind 
auch die Erzählungen der deutschen Gefangenen. Schon mehrere Wochen vor dem Unter 
gang war die „Emden" von jeder Verbindung mit der deutschen Regierung abgeschnitten 
und konnte sich nur durch aufgefangene Funksprüche orientieren. Auch an Bord der ge 
kaperten Schiffe gefundene Zeitungen dienten zur Information. Den dort enthaltenen 
Schiffsnachrichten entnahm sie die Abgangszeiten der Dampfer und kaperte sie dann an 
einem bestimmten Punkt, den die Schiffe passieren mußten. Die „Emden" hätte mehrere 
Passagierdampfer kapern können, tat es jedoch nicht mit Rücksicht auf die Frauen und 
Kinder an Bord. Ein deutscher Offizier erzählt, daß die Kapitäne der gekaperten 
Dampfer in der furchtbarsten Weise fluchten, namentlich einer, dem von den Behörden 
versichert worden war, daß die „Emden" mindestens 1000 Meilen von Colombo entfernt 
sei, während er eine Stunde darauf gekapert wurde. 
Die „Daily News" schreiben zum Untergang der „Emden": „Die englische Nation 
hat heute nur einen Schmerz, und der ist, daß ein großer Teil der Besatzung der 
„Emden" umgekommen ist. Der Kapitän der „Emden" ist ein mutiger Mann voll Fin 
digkeit und Ritterlichkeit: er hat die Gefangenen sehr gut behandelt und seine Rolle in 
bewundernswerter Weise gespielt. Wir freuen uns von Herzen, daß er^ gerettet ist." 
Die deutschen Kreuzer „Scharnhorst", „Gneisenau", „Nürnberg" und 
„Leipzig" im Großen Ozean 
1. September. 
Der kleine Kreuzer „Nürnberg" ist in Honolulu eingelaufen, um Kohlen und 
Proviant einzunehmen. Unter den Mitgliedern der deutschen Kolonie wie unter den 
Amerikanern herrschte große Begeisterung. 
7. September. 
Englische Meldung: Das Kabel, das Kanada und Australien verbindet, ist zwischen 
Britisch Kolumbia und der Fanning-Jnsel durchschnitten worden. Man vermutet 
durch den Kreuzer „Nürnberg", der von der „Australia", dem Flaggschiff der austra 
lischen Marine verfolgt wird. 
Die Zerstörung des Kabels erfolgte auf der Fanning-Jnsel. Ein Augenzeuge er 
zählt: „Am Morgen des 7. September wurden zwei Schiffe gesichtet, und zwar, wie 
sich herausstellte, der Kreuzer „Nürnberg" und ein Kohlenschiff. Zwei mit Deutschen 
bemannte Boote stießen von der „Nürnberg" ab und steuerten in großer Eile der Küste 
zu. Die Insassen warteten nicht einmal, bis die Boote am Strande Grund gefaßt 
hatten, sondern sprangen schon vorher ins Wasser, forderten mit aufgepflanztem Seiten--
	        
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