Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

130 Die Entwicklung der Schlachtlinie im Westen bis zum Kanal 
staunt waren zu erfahren, wie es gerade um diese Zeit und an dieser Stelle für uns gar 
nicht unbedenklich gestanden habe; der Vorstoß der Franzosen aus Verdun her war ein 
besonders ernster gewesen. Ein Beweis dafür, wie wenig in einer modernen Schlacht 
der einzelne an Ort und Stelle selbst von der Sachlage überschaut. . . 
Es galt nun diejenigen Batterien unserer schweren Artillerie zu besuchen, die in der 
Mitte den Kampf gegen die mittlern Sperrforts durchfochten. Wir fuhren jetzt südwest- 
wärts, auf denjenigen Teil der Cötes zu, der bereits von unsern Truppen besetzt war. 
Die uns zunächst gelegene Batterie auf der Höhe feuerte auf Troyon. Um sie auf 
zusuchen, fuhren wir weiter auf der Höhe gegen Nordwesten. Den rechten Weg durch 
den Wald zeigte uns das in den Baumwipfeln dahingeleitete Feldtelephon. Ein leben 
diges Getriebe herrschte auch hier oben. Auf einer Lichtung war ein Verbandplatz ein 
gerichtet. Verwundete kamen in Wagen, leichter Blessierte auch zu Fuß gehend dorthin. 
Eine Abteilung der Feldtelegraphen knüpfte eine neue Drahtleitung in die Zweige. Im 
Gras lagen, sich ausruhend, zum Teil vespernd, einzelne Gruppen von Soldaten, so ruhig 
im Schatten als lägen sie Sonntagnachmittags im Grunewald. . . 
Ein paar Schritte weiter stehen die Geschütze der Batterie, die wir suchen, und die 
noch mächtiger sind im Kaliber als die vorhin gesehenen. Schwarz, dick, wie träge, bull 
doggenartige Untiere hocken sie im dichten Unterholz auf ihren großen Lafetten. 
Leider kommen wir gerade zu einer Feuerpause. Der Feind aber macht keine solche. 
Er hat, scheint es, den Ort der Batterie herausbekommen und reicht auch mit seinen 
Geschossen bis hierher. Ich sehe die Bedienungsmannschaft unserer Batterie in sorglicher 
Deckung stehen, in kleinen Gruppen hinter dicken Bäumen und unter Eindeckungen. Und 
nun pfeift es über uns, ein dünnes Heulen; dann ein scharfer Knall zu unsern Häuptern. 
Und wieder, und noch einmal. Es sind Schrapnells. 
Wir unterhalten uns eine Weile mit der Bedienungsmannschaft der pausierenden 
Batterie und erfahren, daß das Fort Troyon, das sie beschossen, mit seinem Widerstand 
fertig sei. Die Schrapnellschüsse stammen nicht von ihnen, sondern von französischen 
Feldbatterien jenseits der Maas. Währenddem geht es weiter über unsern Köpfen mit 
„Ssssss" und „paff!" Da wir die Wiederaufnahme des Feuers der Batterie nicht ab 
warten konnten und ein weiteres Vordringen, wobei übrigens das darüber hinweggehende 
Schrapnellfeuer minder gefährlich gewesen wäre als gerade hier, nicht gestattet war, 
kehrten wir um zu unsern Autos und fuhren aus dem gleichen Wege wieder zurück. . . 
Am nächsten Morgen, den 26. September, fuhren wir wieder aus, jetzt zu den südlicheren 
Teilen des deutschen Angriffs auf die Toul—Verdun-Linie. Als wir uns wieder dem Hang 
der Cötes näherten, sahen wir weit hinter der Feuerlinie, an ihrem Fuß, abseits auf 
einem Weg zwischen Kartoffeläckern, eine Reihe mächtiger schwarzer Geschützkolosse 
stehen. Das waren die großen Geschütze, mit denen vorgestern Camp des Romains 
zusammengeschossen worden war. Jetzt lagen sie stumm, wie dunkle dämonische Unge 
heuer, die sich satt gefressen und nun in träger Ruhe hockten, andern den weitern Raub 
überlassend. 
Von hier aus gewannen wir wieder den Wald auf der Höhe, ließen aber diesmal die 
Kraftwagen mit ihrer gefährlichen, die Aufmerksamkeit des Feindes erregenden Staub 
wolke zurück und wanderten zu Fuß vorwärts. 
Wiederum mitten im Wald, unter prachtvollen alten Eichen und Buchen, stand die 
Batterie, die gegenwärtig Paroches bombardierte*). Ganz unter den Wipfeln vergraben, 
von oben den Fliegern durchaus unsichtbar, standen die vier mächtigen, schwer massigen 
Kruppschen Geschütze da, wie gierig ihre stumpfen Nasen zwischen den Zweigen empor 
*) Es handelt sich hier um 21 vm-Mörser.
	        
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