Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Die Russen in den Karpathen und in der Bukowina 235 
Die Russen in den Karpathen und in der 
Bukowina 
Die österreichisch-ungarische Gebirgöverteidigung 
Nach der Besetzung von Ostgalizien stand den Russen der Zugang zu den nur schwach 
besetzten Karpathenpässen frei. Die Bodengestaltung verbot aber einen rasch durchführ 
baren Angriff auf die ungarische Tiefebene eigentlich von selber, zumal die österreichisch 
ungarische Armee viel besser auf den Gebirgskrieg vorbereitet ist als die russische. Ein 
militärischer Mitarbeiter der „Bossischen Zeitung" schreibt: „Als Gebirgstruppen 
sind zunächst alle in Bosnien und in der Herzegowina stehenden Truppen zu betrachten, 
die auch abweichend von den übrigen Armeekorps in besondere gemischte Gebirgsbrigaden 
formiert sind, ferner die Tiroler Kaiserjäger und von der Landwehr die drei Tiroler 
Landesschützenregimenter, sowie die Landwehrinfanterieregimenter Nr. 4 und 2l. Dabei 
fei erinnert, daß in Oesterreich die Landwehr eine aktive Truppe mit eigenem Offizier- 
korps und Rekrutenersatz ist, die sich eigentlich nur in staatsrechtlichem Sinne von den 
Linientruppen unterscheidet. Die Landesschützen sind, wie Wiener Meldungen besagen, 
nach Galizien herangezogen und haben dort bereits verschiedentlich Gelegenheit gehabt, 
ihre Fähigkeiten und Leistungen im Gebirgskriege zu beweisen . . . Auch die Gebirgs 
artillerie ist schon eingesetzt worden; die gewöhnliche Feldartillerie läßt sich nämlich 
im Gebirge nur schwierig verwenden. Die gewöhnliche Gebirgskanone hat ein Kaliber 
von 7,25 Zentimeter bei einer Rohrlänge von einem Meter. Das Rohr besteht aus 
geschmiedeter Bronze mit einem Mantel von Coquillenbronze. Das Gewicht des Rohres 
beträgt 140 Kilogramm. Rohr und Lafette werden aus zwei Tragtieren verladen. 
Daneben ist noch ein neueres Modell vorhanden, das ein ganz modernes Geschütz dar 
stellt mit Rohrrücklauf und Schutzschilden. Bei günstigen Wegeverhältnissen kann es 
auch fahrend fortbewegt werden. Die Gebirgshaubitzen werden auf Karren von Pferden 
gezogen fortgebracht. Es bezeichnete einen großen Fortschritt, als es gelang, auch eine 
Haubitze für die Verwendung im Gebirge herzustellen. Die Hauptschwierigkeit hatte 
darin bestanden, das Gewicht so herabzusetzen, daß auch im Gebirge die Fortbewegung 
unter allen Umständen gesichert war und gleichzeitig eine genügende Wirkung beizubehalten." 
Der Einbruch der Russen in Ungarn 
Trotz der Ungunst des Geländes und der besseren Bereitschaft des Gegners unter 
nahmen die Russen Ende September einen Vorstoß gegen die Karpathenpässe. Die 
Bedeutung und den Gesamtverlauf dieser Operation schildert die „Frankfurter 
Zeitung" folgendermaßen: „Wenn auch Uebergänge von Heeren über schwierige Gebirgs 
pässe nichts Ungeheuerliches sind und die Russen selber im Valkankrieg 1878 mitten im 
Winter den Schipka überschritten, so läßt sich doch mit den jetzigen Riesenheeren ein 
solches Unternehmen nicht ohne sorgfältigste Vorbereitung durchführen. Kleinere Truppen 
massen aber können gegenüber den Bewegungen der Hauptstreitkräfte aller Kriegführenden 
nicht ins Gewicht fallen. Es ist auch kaum anzunehmen, daß die russiche Heeresleitung 
mit dem bald gescheiterten Versuch wirklich eine strategische Absicht verband, obwohl die 
russische Presse sofort eine „Ueberschwemmung" der ungarischen Tiefebene ankündigte 
und schon von einer russischen Militärdiktatur in Budapest faselte. Ernsthafte Peters 
burger Blätter berichteten sogar, daß man dort eine Abordnung ungarischer Magnaten 
erwarte, die vom Zaren die Belastung der Bukowina und Siebenbürgens beim König 
reich Ungarn erflehen wollten, da sie sich mit dem unausbleiblichen Verluste Kroatiens
	        
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