Volltext: Der Völkerkrieg Band 1 (1 / 1914)

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Bis zum Ausbruch des Kriegs 
seine Flotte und seine Küsten hat, wenn England sein Feind werden sollte. Für 
Deutschland wäre Wohl Italiens Hilfe auf keinen Fall hoch einzuschätzen gewesen, und 
wertlos ist seine wohlwollende Neutralität keineswegs. Es kann vielmehr eine sehr wert 
volle Reserve für die letzte Entscheidung werden. 
Schweiz 
1. August. 
Der Schweizerische Bundesrat hat die allgemeine sofortige Mobilisation der 
Armee beschlossen. Die schweizerische B u n d e s v e r s a m m l u n g ist auf den 3. August 
zu einer außerordentlichen Tagung einberufen zur Beschlußfassung über die Wahrung 
der Unabhängigkeit und Neutralität des Landes, über die Wahl des Generals und zur 
Beschlußfassung zur Ausgabe von Fünffrankbanknoten. 
3. August. 
Die Mobilmachung des schweizerischen Heeres hat begonnen. Sie wird bis zum 
6. August durchgeführt sein und eine Viertelmillion Mann umfassen. Die Schweizer 
Regierung verlangt unbeschränkte Vollmachten und unbegrenzten Kredit, die ihm das 
Parlament bewilligte. Die Sozialdemokraten haben einstimmig beschlossen, den Bundes 
rat zu unterstützen. 
Das Parlament wählte mit 122 Stimmen Oberstkorpskommandant U l r i ch W i l l e, 
bisher Kommandant des 3. Armeekorps, zum General und Oberkommandieren 
den der Schweizer Bundestruppen; 62 Stimmen fielen auf Oberstkorpskommandant 
v. Sprecher, der die Funktion des Generalstabschefs ausüben wird. 
Oberst Wille steht im Alter von 66 Jahren. Als oberster Instrukteur der schweizerischen 
Kavallerie hält er im Züricher Polytechnikum militärisch-technische wissenschaftliche Vorträge und 
solche über Kriegsgeschichte, die von Offizieren und Studenten gleich stark besucht sind. Oberst 
Wille, der an deutschen Universitäten studierte und auch in Deutschland den juristischen Doktor 
titel erwarb, ist die Organisation der heutigen schweizerischen Armee zu verdanken. Wille hat das 
Vorbild der deutschen Armee, in der er selbst eine Zeitlang Dienst tat, soweit es ging, auf die 
schweizerischen Verhältnisse angewandt und aus der Bürgergarde von ehedem ein modernes Heer 
geschaffen. 1912 war er der Oberführer in den bekannten Manövern, an denen der deutsche 
Kaiser teilnahm. Von Bedeutung für Wille sind seine Beziehungen zu Bismarck gewesen, mit 
dem ihn doppelte Bande, der Freundschaft und der Verwandtschaft (seine Frau entstammt einer 
Nebenlinie der v. Bismarckschen Familie) verknüpften. 
4. August. 
Die dem Bundesrat zugegangenen Vorlagen sind genehmigt worden. 
7. August. 
Der schweizerische Bundesrat hat folgende Neutralitätserklärung beschlossen: 
Angesichts des zwischen mehreren europäischen Staaten ausgebrochenen Krieges hat die 
schweizerische Eidgenossenschaft getreu ihrer jahrhundertealten Ueberlieferung den festen 
Willen, von den Grundsätzen der Neutralität in keiner Weise abzuweichen, die dem 
schweizerischen Volk so teuer sind und sehr seinen Bestrebungen, seinen Inneneinrich 
tungen und seiner Stellung gegenüber den anderen Staaten entsprechen und die die Ver 
tragsmächte von 1815 ausdrücklich anerkannt haben. Im besonderen Auftrag der Bun 
desversammlung erklärt der Bundesrat daher ausdrücklich, daß die schweizerische Eid 
genossenschaft während des bevorstehenden Krieges mit allen ihr zu Gebote stehenden 
Mitteln ihre Neutralität und die Unverletzlichkeit ihres Gebietes, so wie sie durch die 
Verträge von 1815 anerkannt worden sei, aufrecht erhalten und wahren wird. Mit 
Bezug auf Gebietsteile von Savoyen, die laut Erklärung der Mächte vom 29. März 
1815, der Wiener Schlußakte vom 9. Juni 1815, der Beitrittserklärung der schwei 
zerischen Tagsatzung vom 12. August 1815, des Pariser Vertrags vom 12. November
	        
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