Volltext: Der Völkerkrieg Band 1 (1 / 1914)

Der Kampf um die öffentliche Meinung der neutralen Länder 197 
Asfociated Preß, die auch in Berlin eine Zweiganstalt unterhält, telegraphisch ersucht worden, 
für die Verbreitung wahrer Nachrichten nach dem Ausland hin zu sorgen. Der Reichskanzler 
antwortete durch Funkenspruch, er sei leider dazu zurzeit nicht in der Lage, da Deutsch 
land vom Ausland durch Zerstörung seiner Kabel fast völlig abgeschnitten sei. Die deut 
schen Waffenerfolge würden auch unserem Recht zum Siege verhelfen. Erst als man von 
anderer amerikanischer Seite an ihn herantrat, ließ er sich bewegen, aus seiner Reserve 
herauszutreten. Die kraftvolle Kundgebung, die in dem vorausgehenden Aufsatz wörtlich 
wiedergegeben ist, hat in Amerika starken Eindruck gemacht. 
Das Reichskanzlermanifest wurde noch unterstützt durch eine Erklärung der Kriegs 
korrespondenten der bedeutendsten amerikanischen Blätter gegen die 
angeblichen deutschen Greuel in Belgien. „Der Wahrheit die Ehre zu geben," heißt es 
darin, „erklären wir einstimmig die deutschen Greuel, soweit wir es beobachten konnten, 
für unwahr. Nach zweiwöchentlichem Aufenthalt im deutschen Heer, die Truppen über 
hundert Meilen begleitend, sind wir tatsächlich nicht in der Lage, auch nur einen einzigen 
Fall unverdienter Strafe und Vergeltungsmaßregeln zu berichten. Die Disziplin der 
deutschen Soldaten ist hervorragend; es gibt keine Trunkenheit. Für die Wahrheit 
dieser Aussagen stehen wir ein mit unserem beruflichen Ehrenwort." 
Als sich der englische Ministerpräsident Asquith in einer Rede als Beschützer der 
Neutralen aufgespielt hatte, holte der deutsche Reichskanzler noch einmal zum wuch 
tigen Schlag aus in folgender Erklärung, die er an Ritzaus Bureau in Kopenhagen 
sandte: „Der englische Premierminister hat in seiner Guildhall-Rede für England die 
Beschützerrolle der kleineren und schwächeren Staaten in Anspruch genommen und von 
der Neutralität Belgiens, Hollands und der Schweiz gesprochen, die von Deutschland 
gefährdet sei. Es ist richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt, weil die bittere 
Not uns dazu zwang. Aber wir hatten Belgien volle Integrität und Schadloshaltung 
zugesagt, wenn es mit dieser Notlage rechnen wollte. Belgien wäre dann ebensowenig 
etwas geschehen wie z. B. Luxemburg. Hätte England als Schützer der schwächeren 
Staaten Belgien unendliches Leid ersparen wollen, dann hätte es ihm den Rat erteilen 
müssen, unser Anerbieten anzunehmen. Beschützt hat es unseres Wissens Belgien nicht. 
Ist also England wirklich ein so selbstloser Beschützer? Wir wissen genau, daß der 
französische Kriegsplan einen Durchmarsch durch Belgien für einen Angriff aus die un 
geschützten Rheinlande vorsah. Gibt es jemand, der glaubt, England würde dann zum 
Schutz der belgischen Freiheit gegen Frankreich eingeschritten sein? Die Neutralität 
Hollands und der Schweiz haben wir streng respektiert und auch die geringste Grenz 
überschreitung des niederländischen Limburg peinlichst vermieden. Es ist auffällig, daß 
Herr Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz, nicht aber auch die skandinavischen 
Länder erwähnt. Die Schweiz mag. er genannt haben im Hinblick auf Frankreich, Hol 
land und Belgien aber liegen England gegenüber an der anderen Küste des Kanals. 
Darum ist England um die Neutralität dieser Länder so besorgt. Warum schweigt 
Asquith von den skandinavischen Reichen? Vielleicht weil er weiß, daß es uns nicht 
in den Sinn kommt, die Neutralität dieser Länder anzutasten. Oder sollte England 
etwa für einen Vorstoß in die Ostsee oder für die Kriegführung Rußlands die dänische 
Neutralität doch nicht für ein voll ms tangere halten? Herr Asquith will glauben 
machen, daß der Kampf Englands gegen uns ein Kamps der Freiheit gegen die Gewalt 
sei. An diese Ausdrucksweise ist die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat Eng 
land mit Gewalt und einer Politik des rücksichtslosesten Egoismus sein gewaltiges 
Kolonialreich gegründet. Im Namen der Freiheit hat es noch um die Wende dieses 
Jahrhunderts die Selbständigkeit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Frei 
heit behandelt es heute Aegypten unter Verletzung internationaler Verträge und eines
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.