Volltext: Der Völkerkrieg Band 1 (1 / 1914)

Von den deutsch-französischen Kriegsschauplätzen 123 
Weiter den ganzen Tag ohne Essen und bei geschlossenen Fenstern im Schulsaal; erst am 
Abend ließ man sie auf wenige Minuten aus dem Raum. Am anderen Morgen wurden 
der Bürgermeister, zwei Förster, der Postverwalter und noch ein Einwohner von Rothau 
gefesselt weggeführt; man ist seither ohne Nachricht von ihnen. Die übrigen Gefangenen 
verließen später den Schulsaal und konnten sich nach Hause begeben." 
Eine zusammenfassende Meldung vom 29. August sagt: „Nach den bisherigen Ermitt 
lungen sind über hundert beamtete Personen von den Franzosen aus dem Elsaß nach 
Frankreich weggeschafft worden. Unter ihnen befindet sich auch der Bürgermeister Coß- 
mann von Mülhausen. Auch die Familien der in den Vogesenwäldern wohnenden För 
ster sind nach Frankreich gebracht worden. Ueber das Schicksal aller dieser Personen 
herrscht völlige Ungewißheit." 
Episoden aus den Kämpfen in Elsaß-Lothringen 
Ein junger Kavallerieleutnant hatte den Auftrag erhalten, die feindlichen Kräfte fest 
zustellen. Mit seiner Patrouille, bestehend aus acht Mann, rückte er beim Morgengrauen 
über die deutsche Grenze nach Frankreich ein. Fünf Kilometer von der Grenze traf der 
Leutnant auf eine starke französische Offizierspatrouille und beschloß, sie mit der Lanze 
anzugreifen. Mit lautem Hurra attackierte die kleine Schar den Feind, warf ihn zurück, 
verwundete mehrere und nahm den Führer, einen Oberleutnant, und einen Mann ge 
fangen. Auf deutscher Seite gab es keine Verluste. Im Triumph brachte ein Unter 
offizier den französischen Offizier nach Saarburg, wo die Bevölkerung in begeisterte Hoch 
rufe ausbrach. Der Leutnant ritt mit den übrigen sechs Ulanen weiter und geriet in das 
Feuer einer abgesessenen feindlichen Eskadron, wobei ihm und seinen sechs Leuten die 
Pferde unter dem Leib weggeschossen wurden. Der Leutnant ließ das Feuer zwar er 
widern, konnte aber gegen die Uebermacht nichts ausrichten und befahl feinen Leuten, sich 
in den nächsten Wald zurückzuziehen, indem er selbst ihren Rückzug mit dem Karabiner 
deckte. Die Ulanen aber antworteten: „Wir verlassen unseren Leutnant nicht, sondern 
wollen mit ihm sterben." Erst auf wiederholten Befehl zogen sie sich zurück und gelangten 
zu Fuß wieder auf deutschen Boden und zur Eskadron. Ebenso kam der junge Leutnant 
nach großen Anstrengungen zu Fuß auf deutschen Boden und konnte noch rechtzeitig 
seiner Truppe den anrückenden Feind melden. 
* * * 
Ein Bayer erzählt: „Endlich passierten wir die feindliche Grenze, und zwar mit brau 
senden Hurrarufen, was nicht gerade kriegsmäßig, aber sehr stimmungsvoll war. Lustig 
war die 7. Kompagnie: die hat die meisten „Viecher". Die haben das erste französische 
Dorf bis zum Aufbruch mit bayerischen Fahnen beflaggt. Woher die waren? Sehr ein 
fach. Wir haben das Rot von der Trikolore abgeschnitten. Im nächsten Dorf wurden 
wir beschossen. Das konnten wir uns nicht gefallen lassen, und als immer wieder auf 
uns geschossen wurde, steckten wir die Häuser in Brand, darunter das Cafe, eine Bäckerei 
und zwei Krämerläden. Die Brauerei schonten wir und ließen uns von den Arbeitern 
französisches Bier bringen. Es hat uns nicht schlecht geschmeckt. 
Die Bayern gehen vor wie die Berserker. Mit Schießen halten sie sich nicht lange auf; 
leider hat z. B. das glänzende bayerische Jnfanterie-Leibregiment dadurch große Ver 
luste gehabt. Bezeichnend für die Unternehmungslust der Bayern ist folgende Geschichte. 
Zwei Kompagnien hatten sich weit ins Feindesland gewagt; sie wurden schon als ver 
mißt bezeichnet und allgemein bedauert. Da sieht der vorderste Posten eine Kolonne sich 
nähern, singend, mit Geflügel auf den Tornistern oder am Futterbeutel. Es war eine der 
beiden Kompagnien, die, wie der Hauptmann lachend erzählte, sich mal einige Tage in
	        
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