Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

156 D i e Türkei während des vierten Kriegshalbjahres 
Finanzielle und wirtschaftliche Maßnahmen 
Ueber die finanzielle Lage der Türkei gibt der Finanzbericht, den der interimistische 
Fi'nanzminister Talaat Bei vor der einstimmigen Genehmigung des Voranschlags für 
das Rechnungsjahr 1916/1917 in der Kammersitzung vom 9. Februar 1916 gab, ein 
übersichtliches Bild. Darnach wies die Abrechnung des laufenden Finanzjahrs ein Defizit 
von rund 14 Millionen Pfund auf, das um 5% Millionen größer war als vorgesehen. 
Hiervon entfielen 3% Millionen aus vermehrte Ausgaben, während der Abgang von 
2 Millionen sich aus einer Verminderung der Einnahmen enklärte. 
In den gesteigerten Ausgaben waren unter anderem enthalten: 386000 Pfund als 
Aufwendung des Unterrichtsministeriums für Universitäts-, Gymnasial- und Normal- 
schulreformen sowie für solche der Waisenpflege, 100000 Pfund als Aufwendung des 
Ministeriums des Aeußern für den Ankauf von Gebäuden für die Botschaft in Wim 
und die Gesandtschaft in Sofia, schließlich ein Posten für die Reorganisation des Forst 
wesens. Die Voranschläge für Krieg und Marine waren fast unoerändert gebliebm, 
nur für den Bau von Häfen und Eisenbahnen durch die Militärverwaltung wurden 
1460000 Pfund ausgeworfen. Bezüglich der Ergebnisse des laufenden Rechnungsjahres 
stellte der Minister fest, daß die Gesamtsumme der Ausgaben bei einem Voranschläge 
von 35 600 000 Pfund und Ergänzungskrediten von rund 26 Millionen, darunter 20 Mil 
lionen hauptsächlich für Anforderungen des Kriegsministeriums, 62 Millionen Pfund erreichte. 
Die Einnahmen des ersten Halbjahres betrugen rund 11 Millionen. Die mit Oesterreich- 
Ungarn und dem Deutschen Reiche gegen Emission von Kassenscheinen abgeschlossenen 
Vorschüsse ergaben eine Summe von 14% Millionen. Mit diesen Geldbeständen konnte 
der Staatsschatz die Kriegsausgaben decken und soweit als möglich die Kosten der Zivil- 
Verwaltung bestreiten. Die Einnahmen des zweiten Halbjahres werden ungefähr 10 Mil 
lionen abwerfen. Damit und mit dem Ergebnis der Vorschüsse von 20 Millionen Pfund, 
die mit Ermächtigung der Kammer mit der deutschen Regierung abgeschlofien wurden, 
(vgl. Vm, @.316 und XI, S. 338), werde der Staatsschatz genügende Mittel besitzen, 
um bis zum Ende des am 13. März 1916 ablausenden Rechnungsjahres alle ordentlichen 
und außerordentlichen Ausgaben zu decken. 
Im Voranschläge für das nächste Rechnungsjahr waren 3 Millionen Pfund für die 
Unterstützung erwerbsloser Familien von Soldaten ausgeworfen, an die außerdem Saat 
gut verteilt werden soll. Ferner wird der Staat dafür sorgen, daß ihre Felder bebaut 
werden, um so eine hinreichende Ernte sicherzustellen. Was die militärischen Requisitionen 
betrifft, so konnte der Staat, wie der Minister ausführte, sie nicht sämtlich bezahlen. 
Dagegen habe er gestattet, daß die Steuern mit Requisttionsbons beglichen würdm, 
und schließlich die Requisition selbst soweit als möglich eingestellt. 
Außerdem sah ein türkisches Gesetz vom 12. März 1916 im weitesten Umfange die 
Aufrechnung von fiskalischen Forderungen aller Art an Private gegen Forderungen der 
letzteren an die Staatskasse vor. Auch Forderungen aus Requisitionen fielen unter die 
Vergünstigung des Gesetzes, wogegen die in die sogenannte schwebende Schuld aufge 
nommenen Forderungen gegen den Fiskus von der Verrechnung ausgeschlossen waren. 
Zur Deckung der weiteren Ausgaben ist dann die Regierung am 25. Juli 1916 durch 
eine Gesetzesverordnung ermächtigt worden, in Deutschland abermals einen Vorschuß 
von 2359000 Pfund abzuschließen, wodurch der Betrag des dritten Vorschusses aus 
9599000 Pfund gebracht werden soll. Der Gegenwert für den neuen Vorschuß wurde 
von der deutschen Regierung in deutschen Schatzanweisungen hinterlegt, gegen die von der 
türkischen Regierung in dem ihr nötig erscheinenden Betrage und unter denselben Bedingungen 
wie früher (vgl. VIII, S. 316 und XI, S. 338) Kassenscheine ausgegeben wurden.
	        
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