Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

104 Der Handelskrieg bis zum uneingeschränkten Unterseebootskrieg 
Es sei die Beschuldigung erhoben worden, daß sich das Auswärtige Amt nicht um die Arbeit 
der Flotte kümmere, und sie durch Befehle hindere, Schiffe festzuhalten, die auf Grund des Aus 
spruches der Konterbandekommission eigentlich vor das Prisengericht hätten gebracht werden müssen. 
Grey gab zu, daß eine derartige Einmischung in drei Fällen erfolgt sei. In zwei Fällen seien die 
Schiffe aus besonderen Gründen freigelassen worden, nachdem die Angelegenheit zweimal durch das 
Kabinett behandelt worden sei. Der dritte Fall betreffe das schwedische Schiff „Stockholm". Das 
Schiff, dem das schwedische Volk das größte Jntereffe entgegenbringe, sei ein Passagierschiff und das 
erste Schiff einer neuen Linie. Eine Anhaltung dieses Schiffes hätte in Schweden große Beschwerden 
hervorgerufen (vgl. auch S. 119). Die „Stockholm" habe Fracht gehabt, die, wie die Konterbandekommission 
geglaubt habe, nicht ganz für den Verbrauch in Schweden bestimmt gewesen sei und deshalb dem 
Feinde hätte zugesandt werden können. Die englische Regierung habe jedoch von der schwedischen 
nach einer Unterhaltung mit dem ersten Minister eine Erklärung erhalten, und Balfour habe nach 
Stockholm telegraphiert, daß auf die Versicherung der schwedischen Regierung, die ganze Fracht 
bona siete in Schweden zu verbrauchen, nichts dem Feinde zu schicken und auch keine der Ladung 
entsprechende Quantität diesem zukommen zu laffen, das Schiff freigelassen würde. Dies sei ge 
schehen, ohne mit der Konterbandekommission vorher zu beraten. Es tue ihm leid, sagen zu müssen, 
daß diese Versicherung der schwedischen Regierung noch nicht eingetroffen sei, und daß infolge dessen 
noch keine Schritte hätten getan werden können. Aber die englische Regierung habe die Angelegen 
heit in der beschriebenen Weise behandeln müssen, wenn sie nicht anmaßend und herausfordemd 
habe erscheinen wollen. 
Grey mißbilligte auf daS schärfste die leichtsinnigen Veröffentlichungen, die geeignet seien, die 
Flotte zu entmutigen, indem man ihr die Ausfaffung beibringe, daß ein Teil der herrlichen Arbeit, 
die sie für das Land tue, durch die Regierung oder das Ministerium des Aeußern illusorisch gemacht 
werde. Das Ministerium des Aeußern müsse sein Bestes tun, die Gunst der Neutralen zu be 
halten. Es müsse gleichzeitig als Unterhändler in Handelsangelegenheiten zwischen den neutralen 
Ländern dienen, wenn es sich um Waren handele, die für den Feind bestimmt sein könnten. Eine 
derartige Intervention könne natürlich nicht geschehen, ohne daß man sich hierbei direkt oder indirekt 
um den neutralen Handel selbst bekümmere, und das sei keine bequeme Aufgabe. Das Jntereffe 
Englands komme an allererster Stelle. Aber man müffe auch außerordentlich darauf achten, daß 
man sich nicht in unnötiger und falscher Weise in die Rechte der Neutralen mische, indem 
man ihnen die Vorräte nähme, die sie für ihren eigenen Gebrauch absolut nötig hätten. Eng 
land habe kein Recht, die Neutralen leiden zu laffen. Was könne man mehr tun, als bereits ge 
schehen sei, um die Rechte der Neutralen zu schonen? Man könne keine effektive Blockadelinie fest 
stellen und sagen, daß kein einziges Schiff diese Linie überschreiten dürfe, denn dann würde auf 
einen Schlag aller Verkehr nach neutralen Häfen innerhalb dieser Linien lahmgelegt. Wenn man 
diese Linie feststelle, müsse man die Schiffe, die für Neutrale bestimmt se^en, und eine bona fide 
neutrale Fracht an Bord hätten, durchlaffen. Nach seiner Meinung müsse die Blockade einen Unter 
schied machen und dürfe lediglich die Schiffe anhalten, von denen man glaube, daß ihre Maren für 
den Feind bestimmt seien und das habe man bis jetzt getan. Auf diese Weise habe man 
den feindlichen Ausfuhrhandel mehr unterbunden, als Sie (zu den Parlamentsmitgliedern der ex 
tremen Vorschläge gerichtet) das tun könnten. England wende die Lehre von der fortgesetzten Reise 
an. Würde man die dem Hause gemachten Vorschläge annehmen, so würde das nicht verhindern, daß 
Güter Deutschland erreichten. Es würde aber möglich sein, bedeutend mehr Schiffe und Güter als 
gute Prise zu erklären, als dies gegenwärtig geschieht, und dies würde gewiß nicht angenehmer für 
die Neutralen sein. 
Wenn jemand eine Rechtfertigung für unsere gegenwärtige Politik finden wolle, dann habe er nur 
nötig, den Notenwechsel mit den Vereinigten Staaten zu lesen. Wenn man die Einwände gegen 
diese Politik kennen zu lernen wünsche, Einwände, die überhaupt gegen jede Art von Politik gemacht 
werden könnten, so möge man die Bemerkungen lesen, die die Vereinigten Staaten an England ge 
richtet hätten, besonders in der letzten Note, die bereits veröffentlicht, aber noch nicht beantwortet 
sei. Die Regierung werde diese letzte Note nach Beratung mit der französischen Regierung, die 
ebenfalls an dieser Angelegenheit Jntereffe habe, beantworten (vgl. S. 155 f.). 
Den Neutralen könne er nur erklären, daß England gerne bereit sei, jede andere Methode als 
die jetzige in Erwägung zu ziehen. Er sei überzeugt, daß die jetzige Methode wirksam und in ihrer
	        
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