Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

18 Neue Kriegs erklärungen durch Italien und Rumänien 
Pässe unter dem Vorwände verlangte, daß der bulgarische Gesandte in Bukarest die seinigen ver 
langt habe. Die bulgarische Regierung sieht sich zur Stunde außerstande, die Richtigkeit dieser Be 
hauptung festzustellen, da seit Samstag, den 26. August, ihr Vertreter in Bukarest vollkommen 
isoliert ist und man nicht einmal weiß, was aus ihm geworden ist. 
1. September 1916. 
Um 10 Uhr vormittags wurde dem rumänischen Gesandten in Sofia die Kriegserklärung 
Bulgariens übergeben. Früh morgens wurde in den Straßen das Kriegsmanifest angeschlagen. 
Der bulgarische Gesandte in Wien Toschew erklärte einem Mitarbeiter der „Neuen Freien Presse" 
(1. IX. 16): „In der Presse unserer Feinde finden fich gewiffe Meldungen mit der perfiden Tendenz, 
den Eindruck zu erwecken, daß Bulgarien wankelmütig geworden sei. Alle diese Meldungen rufen 
in Bulgarien größten Unwillen und ehrlichste Entrüstung hervor. Es kann überhaupt kein Zweifel 
obwalten, und ich möchte das mit dem denkbar größten Nachdruck betont wissen, daß Bulgarien bis 
zum Ende des Krieges und über deffen Ende hinaus mit seinen Verbündeten entschlossen Schulter 
an Schulter gehen wird." Eine ähnliche Erklärung gab auch der bulgarische Gesandte in Berlin 
Rizow dem Chefredakteur des „Berliner Tageblatts" (2. IX. 16). 
Der Wortlaut der Kriegserklärungen 
Die Kriegserklärung Rumäniens an Oesterreich-Ungarn 
Die am 27. August, abends ^9 Uhr, in Wien aus dem Ministerium des Aeußeren 
überreichte, vom 27. August 1916 datierte Note mit der rumänischen Kriegserklärung 
hatte folgenden Wortlaut: 
„Das zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien abgeschloffene Bündnis hatte nach den 
eigenen Erklärungen der Regierungen nur einen wesentlich erhaltenden und verteidigenden Charakter. 
Sein Hauptziel war, die verbündeten Länder gegen jeden von außen kommenden Angriff zu schützen 
und einen Zustand zu befestigen, der durch frühere Verträge geschaffen worden war. In dem Wunsche, 
seine Politik mit diesen friedlichen Bestrebungen in Einklang zu bringen, schloß sich Rumänien diesem 
Bündnis an, mit dem Werke seiner inneren Verfaffung beschäftigt und treu seinem festen Entschluffe, 
in der Gegend an der unteren Donau ein Element der Ordnung und des Gleichgewichts zu bleiben. 
Rumänien hörte nicht auf, zur Aufrechterhaltung des Friedens am Balkan beizutragen. Die letzten 
Balkankriege, welche den 8tatu8 quo zertrümmerten, zwangen ihm eine neue Richtung für sein Ver 
halten auf. Sein Eingreifen bewirkte den Frieden und stellte das Gleichgewicht wieder her. Ru 
mänien begnügte fich mit einer Grenzberichtigung, die ihm mehr Sicherheit gegen einen Angriff 
verschaffte und zu gleicher Zeit eine Ungerechtigkeit gut machte, die zu seinem Schaden auf dem 
Berliner Kongreß begangen worden war. Aber in der Verfolgung dieses Zieles erlebte Rumänien 
die Enttäuschung, feststellen zu müssen, daß es von seiten des Wiener Kabinetts nicht der Haltung 
begegnete, die es mit Recht erwarten konnte. 
Als der gegenwärtige Krieg auSbrach, lehnte es Rumänien ebenso wie Italien ab, fich der Kriegs 
erklärung Oesterreich-Ungarns anzuschließen, von der es vorher vom Wiener Kabinett nicht benach 
richtigt worden war. Im Frühjahr 1915 trat Italien in den Krieg mit Oesterreich-Ungarn. Der 
Dreibund bestand nicht mehr. Die Gründe, welche den Anschluß Rumäniens an dieses politische 
System bestimmt hatten, verschwanden in demselben Augenblick. 
An die Stelle einer Gruppe von Staaten, die durch gemeinsame Anstrengungen an der Sicherung 
des Friedens und der Erhaltung der tatsächlichen und rechtlichen Lage, wie fie durch die Verträge 
geschaffen war, zu arbeiten suchten, befand man sich Mächten gegenüber, die nur in der bestimmten 
Absicht Krieg führten, die früheren Verhältniffe, die als Grundlage ihres Bündnisvertrages gedient 
hatten, von Grund aus zu ändern. Diese tiefen Aenderungen waren für Rumänien der klare Be 
weis, daß das Ziel, welches es verfolgen wollte, als es sich dem Dreibunde anschloß, nicht mehr 
erreicht werden konnte und daß eS seine Absichten und Anstrengungen in neue Wege lenken mußte. 
Dies um so mehr, als das von Oesterreich-Ungarn unternommene Werk einen die wesentlichen Jnter- 
effen Rumäniens ebenso wie seine legitimsten nationalen Wünsche bedrohenden Charakter annahm. 
Angesichts einer so radikalen Aenderung der zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und 
Rumänien geschaffenen Lage hat letzteres seine Handlungsfreiheit wiedergewonnen. Die Neutralität^ 
die sich die königliche Regierung nach einer Kriegserklärung auferlegte, die außerhalb ihres Willens 
und entgegen ihren Jntereffen erlassen worden war, war in erster Linie infolge der zu Anfang
	        
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