Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

Von der wirtschaftlichen Lage der Schweiz 301 
Der schweizerisch-französische Handelsverkehr wurde zeitweise stark beeinträchtigt. Von 
französischer Seite wurde''denn auch der 8.8.8. der Vorwurf gemacht, die Einfuhr in 
solchem Maße zu erschweren, daß die anhaltenden Schädigungen, welche die französisch- 
schweizerischen Handelsbeziehungen erlitten, von den Vorteilen, die sich dadurch für den 
Wirtschaftskrieg ergaben, nicht ausgewogen würden. Deshalb wurde geradezu die For 
derung gestellt, die 8.8.8. durch eine einfachere Organisation zu ersetzen. Ein empfindlicher 
Nachteil in der Organisation der 8.8.8. war der, daß für die Bewegungsfreiheit der 
Verbraucher und des kleinen Handels nicht gesorgt war, und daß — wie der Bundes 
rat in seinem Bericht darlegt — „der von ihnen in Bewegung zu setzende Apparat in 
einem argen Mißverhältnis mit deren Bedürfnissen stand." „Eine wesentliche Besse 
rung ist durch die Ermöglichung des direkten Posipaketverkehrs, unter Beseitigung der 
Pflicht zur Einholung einer Einfuhrbewilligung der 8.8.8. geschaffen worden." Der 
Poststückverkehr unterstand ebenfalls der Aufsicht durch die 8.8.8., die zu diesem Zweck 
besondere Büros errichtete, und zwar für den französisch-schweizerischen Verkehr 
(Kolli bis zu 10 kg) in Vallorbe, für den italienisch-schweizerischen Verkehr (Kolli bis 
zu 5 kg) in Domodoffola und für den englisch-schweizerischen Verkehr (Kolli bis 
zu 5 kg) in Pontarlier. Die Ausfuhrgesuche für diese Poststücke waren nicht durch 
die Vermittlung der 8.8.8. in Bern, sondern vom französischen, englischen oder italie 
nischen Lieferanten unmittelbar bei der Regierung seines Landes einzureichen. Dieser 
Poststückverkehr ermöglichte es den Firmen, die keinem Syndikat angehörten, nichtkontin- 
gentierte Waren in der Regel ohne Beschränkung und kontingentierte Waren bis zu 
50 kg im Jahr einzuführen. 
Andere, fast unüberwindliche Verkehrsstörungen entstanden gleich bei Aufnahme der 
Tätigkeit durch die 8.8.8. dadurch, daß seit dem 16. November 1915 die Ausfuhr aus 
Frankreich und Italien direkt an schweizerische Empfänger unvermittelt ohne weiteres 
sistiert und nur noch an die Adresse der 8.8.8. gestattet wurde, was eine ungeheure An 
häufung von Waren an den Grenzstationen, namentlich in Bellegarde, zur Folge hatte. 
Dazu kam ein empfindlicher Mangel an Wagenmaterial, da sich im Dezember 1915 
mehr als 1000 schweizerische Wagen in Italien befanden. 
Wenn auch der schweizerische Handel durch die 8.8.8. mannigfache Einschränkungen 
erlitt, stellte sich diese Organisation doch unter den gegebenen Umständen als eine an 
nehmbare, die politische Selbständigkeit der Schweiz nicht beeinträchtigende Lösung dar. 
Denn dadurch, daß die 8.8.8. eine rein private Gesellschaft war, die vom Bundesrat 
lediglich anerkannt und genehmigt wurde, konnten die staatlichen Neutralitätspflichten 
gewahrt werden. Im ganzen muß anerkannt werden, daß die nationale Würde 
der Schweiz in keinem Punkte verletzt wurde, die Eidgenossenschaft hatte in 
wesentlichen Fragen der Entente Zugeständnisse abgerungen und stellte sich mit diesem 
Vertrage nicht nur besser als vor Abschluß des Abkommens, sondern behielt auch eine 
selbständigere Stellung als andere neutrale Staaten, wie z. B. Holland. 
Von der wirtschaftlichen Lage der Schweiz 
Wirtschaftliche Maßnahmen des Bundesrates 
Handel und Gewerbe der Schweiz litten vor allem unter den verschiedenen Aus- und 
Durchfuhrverboten, der Postzensur und dem Unterbruch der Verkehrsverbindungen. Der 
Bundesrat hatte oft im schweizerischen Interesse bei den ausländischen Regierungen Ein 
sprache zu erheben. Ferner hatte er Maßnahmen zu treffen zur Streckung der Roh 
stoffe, Vermeidung aller Art von Wucher und Preistreibereien, zur Erleichterung der 
Zufuhr und zum Schutze bedrohter Industrien.
	        
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