Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

236 B u l g a rien während des vierten Kriegshalbjahres 
an, nur ein dreimonatiges Budgetprovisorium zu bewilligen mit der formellen Verpflich 
tung, in der Herbstsession einen ordentlichen Voranschlag zu unterbreiten, und schon jetzt 
einen von der Regierung bereits vorgelegten Entwurf aus die Tagesordnung zu setzen, 
durch welchen das Gesetz über die soziale Fürsorge, die den Lebensmittelhandel im Lande 
organisiert, abgeändert und die Frage der Ausfuhr mit dem Auslande geregelt werde. 
Der Ministerpräsident versprach außerdem, über verschiedene in der Sobranje zur Sprache 
gebrachte Mißbräuche eine parlamentarische Untersuchung einleiten zu lassen. 
Diese Regierungserklärung setzte dem Unbehagen und der Ungewißheit ein Ende, die 
in der politischen Lage durch die Haltung der Freunde Genadiews erzeugt waren, die 
seit Beginn dieser außerordentlichen Session der Sobranje sich von der Regierungsmehr 
heit losgelöst und eine unabhängige Gruppe gebildet hatten. Ein Einvernehmen zwischen 
der Regierung und der Opposition war hergestellt; 10 Mitglieder der agrarischen 
Fraktion schlossen sich der Partei Radoslawows an. In der Sitzung vom 23. Juli 1916 
wurde sodann das dreimonatige Budgetprovisorium in dritter Lesung angenommen, 
ferner in erster Lesung Gesetzentwürfe über die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung 
und der Armee sowie über die Regelung der Ein- und Ausfuhr. Um dem Ausschuß die 
nötige Zeit zum Studium dieser Entwürfe W geben, vertagte sich das Haus hieraus 
bis zum 1. August 1916. 
Von der Regierung 
Nach amtlichen Meldungen und ergänzenden Mitteilungen 
Einige Maßnahmen 
12. März 1916. 
Der Jahrgang 1916 wird zum 18. März 1916, also zum normalen Zeitpunkt, einberufen. 
13. April 1916. 
Der bulgarische Ministerrat hat die Anträge auf Errichtung einer aus einzelnen Ministern und 
Generalen bestehenden Kommission zur Regelung der Verpflegung der Armee und der 
Bevölkerung angenommen. Es wurde festgestellt, daß sich genügende Verpflegungsmittel und 
Rohstoffe im Lande befinden und eS nur notwendig sei, diese entsprechend aufzuteilen. 
Hochverratöprozesse 
5. Februar 1916. 
Im Sommer 1915 hatte die französische Regierung den früheren französischen Minister Cruppi 
nach Bulgarien entsandt, (vgl. XIII, S. 33) um mit Hilfe des Delegierten der Inhaber 
von Titeln bulgarischer Anleihe, des Franzosen DesclosterS (vgl. X III, S. 230), Getreideankäufe 
größten Umfangs zu machen. DeSelosterS wandte sich um Vermittlung an verschiedene Abgeordnete 
der Genadiewgruppe, die daS Zünglein an der Wage in der Sobranje bildete. Die bulgarische 
Mobilmachung setzte den Verhandlungen ein Ende. Rach Kriegsausbruch leiteten die Gerichtsbehörden 
eine Untersuchung wegen des Verdachts ein, daß das Getreidegeschäft nur vorgeschoben sei, und die 
Vorschüsse, die die Abgeordneten erhalten haben sollen, Bestechungsgelder darstellten. Nachdem 
bereits früher 4 Abgeordnete verhaftet worden waren, stellte nun der Untersuchungsrichter bei der 
Sobranje den Antrag, die Verhaftung von 9 weiteren Abgeordneten zu gestatten und den Protest 
der 4 verhafteten Abgeordneten zurückzuweisen. Namen wurden bei der Verlesung des Antrags 
nicht genannt. Die Sobranje verwies den Antrag debattelos an den Jmmunitätsausschuß. 
28. März 1916. 
In dem seit dem 15. März dauernden Spionageprozeß gegen Selenogrorow und Genoffen wurden 
Selenogrorow, Reserve-Oberst und früherer zweiter Bürgermeister von Sofia, der Schriftsteller und 
mazedonische Freiheitskämpfer Silianow sowie die Schiffskapitäne Prutkin und Sacharow zu lebens 
länglichem Gefängnis und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt; Spiffarewski, ein 
Mitglied der Danewpartei, und der Möbelhändler Zwetkow sind freigesprochen worden. Aus der Urteils 
begründung ist hervorzuheben: Selenogrorow wurde für schuldig erkannt, als Hauptagent des ruf-
	        
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