Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

Serbien und Montenegro während 
des vierten Kriegshalbjahres 
Von Februar bis August 1916 
Fortsetzung von Band XIII, Seiten 214 bis 226 
Nachrichten über Serbien 
Nach amtlichen Meldungen und ergänzenden Mitteilungen 
Von der serbischen Regierung und Kammer 
Die serbische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Pasitsch, die sich in Korfu 
niedergelassen hatte (vgl. XIll, S. 215), suchte mit allen Mitteln die Opposition, die 
ihr aus den Kreisen der nach Italien (vgl. XHI, S. 216) geflüchteten Abgeordneten 
entstand, zu unterdrücken. Es waren dies nach der Wiener „Neuen freien Presse" (16. IV. 
16) etwa 70 bis 80 Volksvertreter, unter Führung des radikalen früheren Minister 
präsidenten Trifkovic, nur Mitglieder der alt- und jungradikalen Partei, da die Libe 
ralen und Sozialisten, einer gemeinsamen Verabredung gemäß, in der Heimat verblieben 
waren. Als die Aufforderung Pasitschs, sofort nach Korfu an den Sitz der Regierung 
zu kommen, ohne Erfolg blieb, veranlaßte der serbische Ministerpräsident die italienische 
Regierung, den serbischen Abgeordneten nahezulegen, Italien zu verlaflen. Tie Mehrzahl 
der Abgeordneten faßte daraus den Entschluß, nach Frankreich zu übersiedeln. Aber 
auch die französische Regierung wußte Pasitsch zu bestimmen, daß sie den serbischen Ab 
geordneten in Nizza jede Versammlung untersagte. Gleichzeitig ließ sich Pasitsch, der 
schon im Januar 1916 (vgl. XIII, S. 215) dem Kronprinzen-Regenten sein Demissions 
gesuch überreicht hatte, das Vertrauen der Krone abermals in aller Form versichern. 
Trotzdem ruhte die Opposition nicht. Wie der „Moldava" aus Genf berichtet wurde, 
beschlossen Ende März 1916 in der Schweiz etwa 40 Abgeordnete unter der Leitung 
des Abgeordneten Dusan Popovic, der Regierung den Abschluß eines Sonderfriedens 
mit Oesterreich-Ungarn dringend anzuraten und dazu den Präsidenten der Skupschtina um 
die Vermittlung einer Zusammenkunft mit dem Thronfolger zu ersuchen. 
Auch die serbischen Sozialdemokraten rührten sich. Im vierten Bericht, den die inter 
nationale sozialistische Kommission in Bern über die internationalen sozialistischen Be 
ziehungen herausgab, führte der serbische sozialistische Vertreter Katzlero witsch u. a. aus: 
„Die Entente gab Serbien preis, so daß eS zugrunde ging. Sie bemühte sich, ihre Haut und 
ihre Interessen zu reiten, die ihr weit wichtiger sind als die Wohlfahrt des serbischen Volkes und 
besten nationale Bestrebungen. Serbien wurde auf schreckliche Weise hintergangen. Der große 
südslawische Staat ist nur ein schöner Traum, mit dem die Entente die serbische Bourgeoisie geschickt 
einschläferte. Diese hat zusammen mit dem Herrscherhaus, der Regierung und dem Parlament das 
ganze Schicksal des Landes auf die russische Karte gesetzt und wurde damit ein Knecht Rußlands. 
Wie Rußland ausspielte, so tanzte das unglückliche Serbien. Dabei hielt Paris den Beutel. Serbien 
war in Wahrheit der finanzielle Vasall Frankreichs." 
Wenig später veröffentlichten die sozialdemokratischen Mitglieder der Skupschtina in 
der „Berner Tagwacht" (30. IV. 16) einen Aufruf, dessen wichtigste Leitsätze lauten: 
„Wir verlangen von der Regierung, daß sie sofort Unterhandlungen über den Friedensschluß ein 
leite und dafür sorge, daß das Heer und die Bevölkerung ohne weitere Qualen nach Hause zurück 
kehren können. Die Regierung ist verpflichtet, so vorzugehen, um zu retten, was noch gerettet 
«erden kann." 
In der Schweiz aber hatten auch all die serbischen Politiker der verschiedensten Partei 
lager ein Asyl gefunden, die, was groß serbische Po litik betrifft, eines Sinnes waren.
	        
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