Volltext: Der Völkerkrieg Band 11 (11 / 1918)

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Aus Persien und Afghanistan 
nach der Kapitulation deS Generals TownShend in Kut-el-Amara lieh England in Petersburg de« 
dringenden Wunsch nach einer Entfernung der russischen Truppen aus der englischen Einfluhzone 
in Südpersten durchblicken. Man war offenbar in London darüber verstimmt, daß die russische Aktion 
zum Entsätze der englischen Truppen in Mesopotamien versagte. Ssasonow willigte trotz großer Wider 
stände, die von russisch-militärischer Seite diesem englischen Wunsche entgegengehalten wurden, erst 
zögernd, dann aber rückhaltloser ein, die russischen Truppen zurückzuziehen. Stürmer aber suchte nach 
Ssasonows Sturz die Ausführung des von Ssasonow eingegangenen Versprechens zu durchkreuzen. ES 
ist kein bloßer Zufall, daß die englische Gesandtschaft in Teheran 1916 ihren Sommersttz zum ersten 
mal in Jspahan aufschlug. 
In einem Sonderbericht der „Nowoje Wrenija" (22. IV. 16) aus Kaswin, wurde der 
Direktor der englischen Bank in Kermanschah, Dewry, heftig angegriffen, weil er durch 
Baisse-Spekulationen in russischer Valuta die ohnehin schon sehr schwierigen Verpflegungs 
verhältnisse des russischen Expeditionskorps in Persien noch weiter verschlechterte. Der 
russische gemeine Soldat, der in Rußland 75 Kopeken täglich bekam, hatte infolge der 
künstlichen Entwertung des Rubels in Persien nur 35 bis 38 Kopeken zu verzehren. 
Nach einer amtlichen russischen Meldung vom 11./24. Februar 1916 gewährte die 
Englische Bank dem Expeditionskorps zunächst nur einen Kredit von 50 000 Kran monat 
lich, später 200 000 Kran monatlich, nachdem die russische Regierung 3 Millionen Rubel 
in Silber zur Ausprägung persischer Krane überwiesen hatte. Dabei „kostete die Unter 
haltung des Expeditionskorps an 2 Millionen Rubel monatlich" — so heißt es in der 
amtlichen Meldung. Auch die Prägung wurde nicht so ausgeführt, wie sie sollte — auf 
der Rückseite sollte der Text der Prägung in russischer Sprache: „1 Kran —20 Kopeken" 
enthalten — da man aber niemanden anderen für die Ausprägung fand als die englische 
Bank, wurde der russische Text weggelassen, woraus die neuen Kranen spurlos in der Masse 
verschwanden, ohne die Kursspekulationen der Bank weiter zu stören. Der Bericht schließt 
mit den Worten: „Sichtlich bedürfen die Vertreter Englands in Persien der Direktiven 
aus London." Aus späteren Mitteilungen des „Utro Rossii" ergibt sich, wie die „Frank 
furter Zeitung" (23. V. 16) hervorhebt, allerdings, daß die Spekulation nicht nur von 
Engländern geübt wurde, sondern wohl auch von Beamten der russischen „Vorschuß- und 
Hypothekarbank von Persien", eines Zweiginstitutes der russischen Reichsbank, und von 
persischen Agenten. 
Nachrichten aus Afghanistan 
7. Mai 1916. 
„Rußkoje Slowo" teilt mit, daß aus Afghanistan Nachrichten über Unruhen einlaufen. Türkische 
und deutsche Wühlerei habe dorthin durch Persten oder China durchdringen können und die Send 
boten hätten es verstanden, eine Ausstandsbewegung gegen die Entente in Szene zu setzen. 
17. Juni 1916. 
„Reuter" veröffentlichte ein längeres Interview mit Sir FranciS Dounghusband, einem der 
besten Kenner der im Nordwesten an Britisch-Jndien grenzenden Länder, in dem er von Afghanistan 
sagte, daß dort zu Beginn deS Krieges die Verhältnisse für die Deutschen günstig gewesen seien. Der 
Emir von Afghanistan hat in den letzten Jahren türkische Offiziere zur Ausbildung feines Heeres 
benutzt. Nach Ausbruch deS Krieges erschienen noch mehr türkische Offiziere in seinem Lande, auch 
kamen Deutsche an, die mit Geld und aufrührerischen Schriften arbeiteten. Um den „Heiligen Krieg" 
zu entfesseln, hätten fie der Bergbevölkerung erzählt, daß der Kaiser Mohammedaner geworden und 
feierlich zum Schutzherrn des Inlands erwählt worden sei. Nun seien aber beinahe 22 Monate vergangen 
und nichts sei geschehen. Der Emir von Afghanistan habe sich streng an seine Neutralitätszusicherungen 
gehalten, die er persönlich bei Ausbruch des. Krieges dem Vizekönig von Indien, Lord Hardinge ge 
geben hat. Aounghusband will glauben machen, der deutsche Kaiser habe persönlich an den Emir 
geschrieben, um ihn zur Erklärung des Heiligen Krieges zu veranlaffen.
	        
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