Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

D i e Kämpfe im Tiroler und Kärntner Grenzgebiet I. 57 
roter Tinte unterzeichnet hatte, geschah in einer lächerlichen Form. Da einstens 21 
italienische Märtyrer im Trienter Castell Buon Configlio, das d'Annunzio jetzt Castell 
Mal Consiglio nennt, vor den Oesterreichern geblutet hätten, wurden 21 Aufrufe 
abgeworfen. Sie waren aus dünne Blätter gedruckt, die in eine rohseidene Hülle ge 
packt waren. Die rohseidene Hülle steckte in einem seidenen Pompadour, der auf einer 
Seite das Trienter Wappen zeigte, von der andern Seite wehte eine einhalb Meter 
lange italienische Trikolore herab. Zur Fallsicherheit war eine beträchtliche Menge 
Sand in jedem Pompadour. 
Ein ironischer Zufall fügte es, daß gerade in dem Augenblick, da die von den Trientern 
unbeachteten Ausrufe unten ankamen und von den Siegen der Italiener erzählen sollten, 
das Donnern der schwersten österreichischen Geschütze von fern hörbar war, die bei Ro- 
vereto die Landsleute d'Annunzios nicht nur mit bestem Erfolge beschossen, sondern 
ihnen eine ganze Reihe von Batterien vom Erdboden förmlich rasierten. 
Eine italienische Heldentat 
Aus dem K. u. K. Kriegspressequartier (11. X. 15.) wurde berichtet: Ein für die italienische 
Kampfesweise bezeichnender Vorfall wird aus dem Tiroler Kriegsgebiete bekannt: Am 
28. August 1915 vormittags wurde eine eigene, 11 Mann starke Patrouille am Monte Pini 
westlich Bezzecca (Südtirol) von einer italienischen Jnfanterieabteilung überfallen. Die 
Patrouille war mit dem Bau von Schützengräben beschäftigt und hatte die Waffen ab 
gelegt. Acht Leuten gelang es, sich mit den Fäusten durchzuschlagen. Zwei Mann dürften 
gefangen genommen worden sein. Der Kommandant Unterjäger Josef Kaltenbacher vom 
2. Landesschützenregiment wurde später tot aufgefunden. Die Leiche Kaltenbachers lag 
auf dem Rücken, die Hände waren kreuzweise übereinander mit einem Strick gefesselt. 
In der Brust wurde ein Bajonettstich festgestellt. Bei der ärztlichen Besichtigung der 
Leiche wurden außerdem Verletzungen konstatiert, die anscheinend durch Würgen und 
Ringen entstanden waren. Der Bajonettstich war unbedingt tödlich, von solcher Art, 
daß der Tod augenblicklich nach der erfolgten Verwundung eintreten mußte. Es ist wohl 
nicht anzunehmen, daß Kaltenbacher, nachdem er den Todesstoß erhalten hatte, gefesselt 
worden sei, vielmehr sprechen alle Begleitumstände dafür, daß Kaltenbacher, ein sehr 
kräftiger Mann, sich ohne Waffe dem Feind entgegenwarf, überwunden und gefesselt 
wurde und dann erst in wehrlosem Zustande den Bajonettstich erhielt. Begründet 
erscheint diese Annahme noch dadurch, daß die am 28. August überfallene eigene Pa 
trouille am Tage vorher die Italiener bei Tiarni di Sotto überrumpelt hatte, wobei 
vier Italiener getötet und einer schwer verwundet wurden. Demgemäß dürfte sich die 
Ermordung des Unterjägers Joses Kaltenbacher als bestialischer Racheakt darstellen. 
Ein Fliegerangriff auf Brescia 
Den kühnen Fliegerangriff aus die Munitionsfabriken in Brescia am Morgen des 
25. August 1915 (vgl. die Meldungen S. 36) schildert Leonhard Adelt im „Berliner 
Tageblatt" (3. XI. 15) höchst anschaulich, indem er den Flieger selbst folgendes erzählen 
läßt: „Morgens um vier Uhr starteten wir bei Nebel aus unserem hundertvierzig- 
pserdigen Lloydapparat, den ich „Gral" getauft hatte. Die Eisfelder des Monte 
Altissimo glänzten unter uns, als wir aus den Nebelwogen stießen. Der Gardasee 
war spiegelblank und spiegelklein. Wir kreuzten 300 Meter über dem Monte Maggiore, 
der 2200 Meter hoch ist, sahen Brescia wie aus einer Landkarte flach in der Tiefe 
liegen und glitten adlergleich auf die Stadt nieder. Es war fünf Uhr früh. Die 
Munitionsfabrik war leicht kenntlich. Mein Begleiter löste zwei schwere Bomben. Eine 
traf das Patronenhülsendepot, die andere die Akkumulatorenanlage. Flammen loderten
	        
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