Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Aus den besetzten Gebieten 
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Aus den besetzten Gebieten 
Von der deutschen Verwaltung in Kurland 
Die seit September 1915 in Libau mit einer lettischen Beilage erscheinende „Libausche 
Zeitung* gestattet Einblicke in das Wirken der dortigen deutschen Zivil 
verwaltung, zu deren Chef Landrat a. D. v. Goßler berufen wurde. Für Lebens 
mittel sind Höchstpreise eingeführt und wie in Deutschland Brotkarten ausgegeben worden. 
Zwei zweiklasstge Knabenelementarschulen mit deutscher Unterrichtssprache und fünf gleiche 
Schulen mit lettischer Unterrichtssprache wurden vom 10. September 1915 ab eröffnet; die 
russische Unterrichtssprache wurde verboten. Meldepflicht und Rechtspflege find nach 
deutschen Mustern geordnet und die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch einen Erlaß 
des Oberbefehlshabers Ost, v. Hindenburg, einem Bezirks- und zwei Friedensgerichten 
übertragen worden. Die Gerichtssprache war durchweg deutsch. Auch der Verkehr mit 
russischem Goldgeld war geregelt worden; eine Verfügung des Polizeipräsidenten Becherer 
setzte den Kurs auf 2,16 Mark für den Rubel fest. 
Von der deutschen Verwaltung in Litauen und Suwalki 
Die „Deutsche Verwaltung für Litauen" umfaßte, nach der „Tilsiter Allgemeinen Zei 
tung" (17. XI. 15), Ende 1915 vierzehn Kreise des früheren Gouvernements Kowno: 
Russtsch'Krottingen, Wiezajcie, Plungiany, Siady, Telsze, Szweksznie, Szylele, Retowo, 
Worny. Kielmy, Koltyniany, Szawkiany, Tauroggen und Rossienie. Zum Chef der Zivil 
verwaltung war Mitte August Landrat a. D. v. Goßler ernannt worden; auf ihn folgte, 
als er nach Kurland berufen wurde, Franz Joses Fürst von Jsenburg-Bir- 
stein. Zum Gouverneur von Kowno wurde Ende August der Posener Gouverneur 
Generalleutnant v. Koch und zum Gouverneur von Grodno Ansang September der 
Gouverneur der Festung Köln, General v. Held, ernannt. Der Amtssitz der Zivil 
verwaltung war zunächst Tilsit. 
Die wichtigsten örtlichen Behörden waren die Kreisamtmänner. Sie standen in per 
sönlicher Fühlung mit der ihrer Aufsicht unterstellten Bevölkerung und wurden durch 
Gendarmen unterstützt, die außer dem gewöhnlichen Gendarmeriedienst auch Gemeinde 
vorsteherdienste verrichteten, und zwar überall da, wo der alte Gemeindevorsteher ge 
flüchtet war oder aus anderen Gründen nicht in Tätigkeit trat. Die Verbreitung der 
Verordnungen und Bekanntmachungen der Behörde erfolgte größtenteils durch Plakate 
in deutscher und litauischer Sprache. Außerdem gab die deutsche Verwaltung für Litauen 
ein Verordnungsblatt in deutscher und litauischer Sprache heraus. Aus diesem ersteht 
man, daß die Verordnungen teils vom Oberbefehlshaber Ost, teils vom Chef der deutschen 
Verwaltung für Litauen erlassen sind. Unter anderem ist darnach der gregorianische 
Kalender und die mitteleuropäische Zeit, ferner ein Branntweinmonopol und die Verord 
nung eingeführt worden, daß die Uebertragung von Eigentum und ähnlichen Rechten an 
Grundstücken nur mit Zustimmung des Chefs der deutschen Verwaltung zulässig und 
gültig ist. Andere Verordnungen befassen sich mit dem Vereins- und Versammlungsrecht, 
mit der Bekämpfung ansteckender Krankheiten, mit der Gerichtsverfassung und sonstigen 
Rechtsinstitutionen, mit der Einführung einer Hundesteuer, mit der Ordnung des Grenz- 
Verkehrs, mit der Verlängerung der Wechsel- und Scheckrechtsfristen usw. 
Das Gouvernement Suwalki hat als Teil Kongreßpolens eine eigene Ver 
waltung bekommen, die „Zivilverwaltung Suwalki", der Oberpräsidialrat Rüdiger 
von Haugwitz vorgesetzt wurde. Amtssitz ist Suwalki. Die übrige Verwaltung ist 
analog der im eigentlichen Litauen gegliedert. Auch die Zivilverwaltung Suwalki gab 
ein „Verordnungsblatt" in drei Sprachen: deutsch, litauisch, polnisch, heraus. 
Völl-rkrieg. XIl. 
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