Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Vom Zaren und den russischen Heerführern 
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9. biS 12. November 1915. 
Der Zar begab sich mit dem Großfürsten-Thronfolger von Zarskoje-Sselo nach Reval, 
besichtigte dort am 10. November die Befestigungswerke sowie die russischen und englischen Unter 
seeboote, hielt eine Parade über die Garnison ab und reiste dann nach Riga, wo er von General 
Radko Dimitriew, dem Kommandeur der befestigten Gegend von Riga, empfangen wurde. Am 12. No 
vember besichtigte der Zar auch die bei Witebsk lagernde Division und dann die Truppen des 
Militärbezirks von Dünaburg. 
20. November bis 1. Dezember. 
Der Zar traf mit dem Großfürsten-Thronfolger in Odessa ein, besichtigte nach einem 
Tedeum in der Kathedrale den Kreuzer „Pruth" sowie das Spitalschiff „Aequator" und hielt eine 
Truppenparade ab. Sodann besuchte der Zar das Truppenlager in Reni und hielt eine Ansprache 
an die Truppen, die in einer anderthalb Kilometer langen Front zur Parade aufgestellt waren. 
Nachdem er darauf mit dem Thronfolger auf dem Dampfer „Ruß", dem Quartier des Komman 
danten des Schwarzen Meer-Gebietes, Wissokin, die traditionelle „Sakuska" eingenommen hatte, 
besichtigte er die Hafenanlagen, empfing Abordnungen der Arbeiter, fuhr dann nach Ismail und 
kehrte am 1. Dezember 1915 nach St. Petersburg zurück. 
8. Dezember. 
Der Zar hat sich in Begleitung des Großfürsten-Thronfolgers abermals zur Feldarmee 
begeben. Am 9. Dezember fand im Hauptquartier das Fest des Ordens des Heiligen 
Georg statt, zu dem ein Offizier und zwei Soldaten eines jeden Korps und Vertreter der Flotten 
entsandt worden waren. Der Zar hielt Ansprachen und zog die Offiziere und Mannschaften zum 
kaiserlichen Frühstück zu. 
25. Dezember 1915 bis 6. Januar 1916. 
Der Zar weilte erneut an der Front (vgl. S. 304). Während einer Parade am 2. Januar 1916 
richtete er eine Ansprache an die Ritter des St. Georgsordens, in der er u. a. sagte: „Seid darüber 
beruhigt, daß ich, wie ich es zu Beginn des Krieges ausgesprochen habe, nicht Frieden schließen 
werde, solange wir nicht den letzten Feind von unserem Gebiet vertrieben haben werden, und daß 
ich diesen Frieden nur in voller Uebereinstimmung mit unseren Verbündeten 
schließen werde, mit denen wir nicht durch papierne Verträge, sondern durch wahre Freundschaft 
und Blut verbunden sind." 
17. bis 30. Januar 1916. 
Der Zar hielt sich in der bestimmten Erwartung des Einzugs in Czernowitz abermals an der 
Südfront auf (vgl. S. 306). 
* * * 
Nach Mitteilungen der „Nationalzeitung" (16. XII. 1915) machte ein höherer russischer Offizier 
folgende Angaben über das Leben des Zaren im russischen Hauptquartier: Der Zar 
bewohnte den ersten Stock eines einfachen zweistöckigen Privathauses inmitten der Stadt (Smolensk?). 
In den Parterreräumen befand sich die Leibwache des Zaren, eine halbe Sotnie der Leibkosaken; 
in einem anschließenden Privatgebäude war der Thronfolger untergebracht. Das Gefolge bestand u. a. 
aus den Großfürsten Cyrill Wladimirowik, Boris Wladimirowik und Dimitrij Pawlowik. Abge 
sehen von dem äußerst regen militärischen Getriebe verlief das Leben im Großen Hauptquartier 
still und wenig abwechslungsvoll. Vergnügungen aller Art waren streng verpönt. Dagegen war sehr 
oft großer Gottesdienst, dem der Zar regelmäßig beiwohnte. 
So oft der Zar sich im Großen Hauptquartier aufhielt, begab er sich um 9 Uhr morgens in 
Uniform zum Stab, wo er den Vortrag des Generals Alexejew entgegennahm, der als Chef des 
Stabes und Vertreter des Höchstkommandierenden der direkte Vorgesetzte der Generale Rußki, Ewert 
und Iwanow war. Wöchentlich dreimal versammelte sich ein Kriegsrat, an dem der ganze Stab 
teilnahm. Stets um 12 Uhr verließ der Zar das Stabsgebäude und fuhr in seine Wohnung zurück, 
wo um 1 Uhr das Frühstück stattfand, an dem meist zahlreiche geladene Persönlichkeiten zugegen waren, 
u. a. auch die militärischen Bevollmächtigten Englands, Frankreichs, Italiens, Serbiens, Montenegros 
und Japavs. Das Essen war außerordentlich reichhaltig. Der Zar hatte seine französischen Köche 
mitgebracht. Der Schutz des Großen Hauptquartiers war einer Leibkosakenbrigade unter dem Befehl 
des Grafen Grabbe anvertraut. Außerdem waren sechs russische Flugzeuge gegen feindliche Flieger 
angriffe auf der Wacht.
	        
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