Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Der Stellungskampf südlich der Sumpfzone und die russischen Offensiven 311 
An allen Abschnitten setzten die Angriffe fast immer nur am Nachmittag ein. Die 
Artillerievorbereitung war Trommelfeuer, das meist schon in den ersten Stunden nach 
Mitternacht begann und zu dem Munition in größten Mengen aus den Vorräten 
benutzt wurde, die von den Japanern geliefert worden waren, die sich übrigens nicht 
bloß mit der Lieferung von Artilleriemunition begnügten; der größte Teil der an der 
bessarabischen Grenze eingesetzten russischen Infanterie war auch mit Gewehren japanischer 
Herkunft ausgestattet. 
In Czernowitz während des russischen Durchbruchsversuchs 
„Eine Schlacht folgte der anderen, aber für Czernowitz blieb die Lage unverändert/ 
wurde der „Wiener Neuen Freien Presse" (4. II. 16) geschrieben. „Der regelmäßige 
Schnellzug brachte die Urlauber in 24 Stunden Fahrt von Wien, zahllose andere Züge 
brachten Nachschub aller Art, Züge mit Verwundeten und mit Gefangenen rollten ab. 
Beim Abendessen im großen Speisesaale des rumänischen Hauses oder später bei der 
Zigeunermusik im Caf6 Habsburg saßen junge und alte Offiziere beisammen und er 
zählten. Selten vom Kampfe und von der fernen Welt, öfter von den liebreizenden 
Mädchen und Frauen, die nicht nur der Kanonendonner nicht schlafen ließ. 
In den späten Nachmittagsstunden, in der Einkaufszeit, erfüllte eine dichte Menge 
die Korsostraßen, den Ringplatz und die Herrengaffe, die Zeitungen wurden ausgerufen, 
und im hochgeschürzten Filzrock und Schafpelz, unter dem das weiße Hemd und die 
städtischen Schuhe hervorschauen, boten Bäuerinnen Obst, Eier, gebackene Kuchen und 
lebendes Geflügel an. In den eleganten Kaufläden fehlte nichts, was die kaufkräftigen 
Besucher verlocken konnte, und die Bevölkerung, die heimgekehrt war und die Nähe der 
Gefahr nicht scheute, durfte sich über den Geschäftsgang nicht beklagen. 
In der Universitär wurde für achtzig Hörer die theologische Fakultät wieder in Be 
trieb gesetzt, die Mittelschulen waren in den Unterrichtspausen voll des alten Tollens 
und Gelächters männlicher und weiblicher Schüler, und im weiten Schloßhof der Residenz 
des griechisch-orientalischen Erzbischofs, in der die Russen ein Spital für Geschlechtskranke 
eingerichtet hatten, herrschte wieder feierliche Stille wie vor der Russenzeit." 
Episoden 
Ein Kamps der Seelenkraft 
„Zwei Bataillone gehen über Kolki vor; im Nachtangriff werfen sie die Russen über 
den Styr zurück; zwei Kompanien gehen weiter nordwärts nach Nowosiolki. Aber 
der folgende Morgen bringt einen neuen Gegenschlag, die Russen überrennen die 
schwachen, zum Schutz des Brückenkopfes zurückgebliebenen Sicherungstruppen: und 
nun geschieht ein denkwürdiges Soldatenstück. Die beiden nach Nowosiolki entsandten 
Kompanien kehren um. Zwanzig Mann erschienen zuerst vor den Augen der Russen, 
die sich schon der Gelegenheit freuen, auch die Pickelhauben abzufangen. „Nicht schießen 
— sie ergeben sich!" rufen die russischen Offiziere ihren Leuten zu. Anstatt aber die 
Gewehre hinzuwerfen, brauchen die Zwanzig Kolben und Bajonett zu solcher Ver 
blüffung der Feinde, daß die Russen — ihrerseits die Waffen strecken. 220 Mann mit 
zwei Offizieren ergeben sich den Zwanzig. . . . 
Bei Komarow bauen Telegraphisten ab, einer bleibt einsam zurück, als schon die 
Kosaken heransprengen. Mit geschwungenem Säbel nähert sich der Vorderste dem un- 
bewaffneten „Fernsprecher". Der aber fällt seine — Hakenstange wie einen Ger, und 
der verdutzte Russe hebt die Hände hoch. 
Ein anderes Stück. Eine Kompanie, schon umzingelt, schlägt sich durch und bringt 
— dreihundert Gefangene mit. Oder: Ein Leutnant und Batterieführer zwingt eine
	        
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