Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

56 Der italienische Krieg während des dritten Krieg sh alb j ah res 
Italiener großen Respekt haben. Meist beschränkt man sich aus die Abwehr und schickt 
die Angreifer mit blutigen Köpfen zurück; gelegentlich geht man auch schwarmweise vor. 
Bei einem solchen Vorstoß ereignete es sich, daß ein verwundeter Italiener auf die 
Knie sank: „0 mia madre! 0 mia madre!“ rief er flehentlich und bat durch Zeichen, 
ihm nicht Nase und Ohren abzuschneiden. Man hob den heftig Zitternden auf, ver 
band und labte ihn, und als er sich etwas beruhigt hatte, gestand er, daß die Offiziere 
ihm und seinen Kameraden gesagt, die Oesterreicher verstümmelten die Gefangenen aus 
schreckliche Weise." 
So erklärt sich auch das aus Zeitungsmeldungen wohl schon bekannte ergreifende 
Ende einiger Alpini, das uns der Major bestätigte. Am großen Pal war einer jener 
Alpenjäger in einen Felsspalt geraten; als man ihn retten wollte, zertrümmerte er sich 
mit seinem Eispickel den Schädel! Zwei andere Alpini, die sich von jeder Hilfe der 
Ihren abgeschnitten sahen, stürzten sich in den Abgrund, nicht um der Gefangenschaft 
zu entgehen, sondern aus Angst vor jenen erdichteten Verstümmelungen! 
„Wie merkwürdig muß es um die von Herrn Cadorna so gern und oft gerühmte 
„Kampfeswut" der italienischen Soldaten bestellt sein," meinte der Erzähler, „wenn man 
zu so niederträchtigen Verleumdungen seine Hilfe nimmt. Vor der italienischen Kriegs 
erklärung standen sich, wie ich hier gehört, unsere Grenzwachen noch gegenüber, und es 
entwickelte sich bald ein freundliches Verhältnis. Man suchte sich gegenseitig aus, 
tauschte Tabak und Lebensmittel, plauderte auch über politische Dinge und einem viel 
leicht möglichen kriegerischen Zusammenstoße, wobei die Italiener aus ihrer Abneigung 
gegen einen solchen keinen Hehl machten. Diese Truppe wurde dann von der italie 
nischen Heeresleitung sofort, als es Ernst ward, zurückgezogen, ihr hätte man jene in 
famen Lügen nicht aufbinden können. . . ." 
Francesco Ciccotti, einer der italienischen Kriegsberichterstatter an der Front, hat im 
„Avanti" (21. IX. 1915) ein Stimmungsbild aus den Kämpfen in den karnischen Alpen 
veröffentlicht. „Unsere Leute lagen wenige Dutzend Meter von den österreichischen Stel 
lungen entfernt," schreibt er, „in den Schützengräben, dem beständigen Feuer des Feindes 
ausgesetzt, der einen Durchbruch durch unsere Linie versuchte. Von unserem Standpunkt 
auf einem Hügel sahen wir die Feuerlinie in ihrer ganzen eindrucksvollen Wirklichkeit 
im Gefecht, das Auf und Ab der die erste Hilfe leistenden Sanität und das Anlegen 
eines Friedhofes. Trotzdem die Verluste verhältnismäßig gering waren, werden unaus- 
löschbare Eindrücke in meiner Erinnerung haften bleiben. 
Die bleichen und schweigsamen Verwundeten werden aus bequeme Bahren gelegt; die 
Schwerverwundeten flüstern im Fieberdelirium zärtliche Namen, Bluttropfen kennzeichnen 
den Saumweg, den wir gehen; wir bücken uns, um eines der blutbefleckten Steinchen als 
Reliquie zu uns zu stecken. Die Bahre hält; die Träger ruhen aus oder werden gewechselt. 
Wir nähern uns einem der Verwundeten. Es ist ein Territorialsoldat, wahrscheinlich ein 
armer Familienvater. — Wir grüßen den Armen, der nur murmelt: „Es macht nichts, 
ich werde gesunden. Ich habe meine Pflicht getan." 
Episoden 
Die Proklamation d'Annunzios an die Bürgerschaft von Trient 
Die Proklamation d'Annunzios an die Bürgerschaft von Trient, die ein italienischer Flieger 
am 20. September 1915 (vgl. S. 41) auf die Piazza Dante abwarf, nachdem er eine Stunde 
lang sich sichtlich bemüht hatte, über die Mitte der Stadt zu gelangen, zeichnet sich, wie aus 
dem K. u. K. Kriegspressequartier (28. IX. 1915) geschrieben wurde, nicht nur durch ihren 
bombastischen Inhalt aus, der mit der Anrede „Fratelli in dante aeterno“ beginnt — 
auch die Ueberreichung des auf 16 Seiten gedruckten Dokumentes, das d'Annunzio mit
	        
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