Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

212 Die Ereignisse an der Ostfront im dritten Kriegshalbjahr 
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Das Lösegeld 
Ich habe den Preis erfahren, um den eines der kleinen Judenstädtchen erhalten 
geblieben ist: Zweitausend Rubel, ein Paket Seife und einen Kamm für den Jessauf 
(Rittmeister), damit er selbst davonritt und die Juden mit der Brandstifterpatrouille 
allein verhandeln ließ; fünfmal drei Rubel für den Unteroffizier und die fünf Reiter 
der Patrouille. Hierauf noch einmal ebensoviel für eine zweite Patrouille, die angab, 
erst die richtige zu sein — die erste hätte nur geschwindelt. 
Die Heimkehr 
Von Osten her kommt Wagen und Wagen, eine unendliche Kolonne, eine Völker 
wanderung. Staut fich vor der Kriegsbrücke zu einem Knäuel, das stündlich drohend 
wächst, als sollte sich halb Rußland daraus wickeln; wird nach herkulischer Arbeit 
unserer Feldgendarmen endlich wieder zu einer Kolonne aufgereiht und haspelt sich lang 
sam, stetig, endlos über die polternde Brücke nach Westen ab. 
Das sind die Ausstedler. Die Russen haben sie bis über den Styr mitgeschleppt. 
„Fort!" brüllten die Kosaken und die Hiebe klatschten. „Wollt Ihr Euch von den 
Oesterreichern die Bäuche schlitzen, die Brüste abschneiden lassen?" Und die Oester 
reicher kamen, kamen immer näher. Die Bedrängnis der russischen Divisionen stieg. 
Schließlich wich der letzte russische Truppenkörper und ließ die Ausstedler führerlos 
zurück. Sie fluten in die alte Heimat: hochbepackte Wagen, Kind und Kegel, Rind und 
Schwein. Truhen, Pelze, Hühner, Körbe, obenauf Säuglinge in bleiernem Schlaf, und 
die Fliegen sitzen schwarz auf den verfallenen Gesichtchen; hinter dem Wagen trottet 
spießig das Kalb, vom Seil gewürgt; eine Frau kutschiert das Gespann; ihr Kopf ist 
geschwollen von Knutenschlägen. 
Die Defenfiv-Schlacht zwischen Riga und Pinsk 
Vom 5. September bis 4. Oktober 1915 
Chronologische Uebersicht nach den Meldungen der deutschen Obersten 
Heeresleitung und des österreichisch-ungarischen Generalstabö 
Vorbemerkung: Von den Meldungen des russischen Großen Hauptquartiers, die immer 
ausführlicher wurden und häufig unbedeutende Episoden zu großen Kriegsereignisfen aufbauschten, 
sind nur die wichtigeren oder besonders charakteristischen Mitteilungen aufgenommen worden 
6. September 1915. 
Heeresgruppe des G.F.M. v. Hindenburg: Von der Ostsee bis östlich von Grodno ist 
die Lage unverändert. Der rechte Flügel nähert sich dem Njemen bei Lunno und dem Ros- 
Abschnitt nördlich von Wolkowysk. 
Die Heeresgruppe des G.F.M. Prinz Leopold von Bayern ist unter Kämpfen mit 
feindlichen Nachhuten im Vorgehen und hat den Ros-Abschnitt südlich von Wolkowysk bereits über 
schritten. Auch die Sumpfengen bei Smolanica (nordöstlich von Pruzana) sind überwunden. 
Heeresgruppe des G.F.M. v. Mackensen: Der Angriff geht vorwärts. 
Aus der österreichisch-ungarischen Meldung: Die an der oberen Iasiolda kämpfen 
den k. u. k. Streitkräfte warfen den Gegner aus seinen letzten Verschanzungen südwärts des Flusses 
heraus und gewannen an mehreren Stellen das nördliche Ufer. 
7. September 1915. 
Heeresgruppe des G.F.M. v. Hindenburg: Die gestern auf Daudsewas (südöstlich von 
Friedrichstadt) vorstoßende Kavallerie brachte 790 russische Gefangene und fünf Maschinengewehre ein. 
Oestlich und südöstlich von Grodno hat der Feind von westlich Skidel bis Wolkowysk 
Front gemacht. In hartnäckigen Kämpfen sind unsere Truppen im Vordringen über die Abschnitte 
der Pyra und Kotra. Zwischen dem Njemen und Wolkowysk gewann die Armee des Generals 
vonGallwitzan einzelnen Stellen durch nächtlichen Ueberfall das Ostufer des Ros-Abschnitts. Es 
find über 1000 Gefangene gemacht.
	        
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