Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Die Offensive der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg 147 
Die Eroberung von Nowo-Georgiewsk (Modlin) 
vom 6. bis 20. August 1915 
Der Angriff und die Eroberung 
Nowo-Georgiewsk, die westliche Spitze des westrusstschen Festungsgebietes, war keine 
Stadt, sondern eine nur für militärische Zwecke ausgebaute Festung mit einem inneren 
Kernwerk, der Zitadelle, und einer Stcrnumwallung. Seine Bedeutung lag darin, daß 
es einen für Angriff und Verteidigung brauchbaren Brückenkopf über Weichsel und Narew 
und den Mittelpunkt eines Kranzes fiärlster Befestigungen bildete, der in einer Aus 
dehnung von 64 Kilometern von Wyszograd chis Cicchanow zog (vgl. die Karte in Bd. IV 
vor S. 33). Der deutsche Angriff gegen diese Linie durch den rechten Flügel der Armee 
v. Gallwitz begann Mitte Juli'1915 und zwang die Ruffen zum Zurückgehen in eine 
neue Verteidigungsstellung, die vom Narew zwischen Pultusk und Serock über Nastelsk bis 
Wolka zog. Als Pultusk am 24. Juli 1915 gefallen war. die Vortruppen der Armee 
gruppe des Prinzen Leopold von Bayern in Marsch auf Warschau die Gegend von 
Blonie erreicht und die Armee Gallwitz den Auftrag erhalten hatte, über den Narew 
in östlicher Richtung vorzugehen, wurde zur Einnahme von Nowo Georgiewsk aus Teilen 
der beiden genannten Armeen und aus Verstärkungen aus dem Reiche ein besonderes 
Angriffsheer gebildet, das aus Reserve-, Landwehr- und Landsturmtruppcn bestand, 
Geschütze schwerster Art, auch 42-ow und österreichisch-ungarische 30,5-ew Haubitzen mit 
sich führte und von General v. Beseler, dem Eroberer von Antwerpen (vgl. II, 
S. 103 u. 149 f.), befehligt wurde. Die Bahnlinie zur deutschen Grenze gab die Sicherheit 
des dauernden geregelten Nachschubs an Munition und Heeresbcdarf. Am 25. Juli 1915 
war die Linie Nasielsk—Gzowo erreicht gegenüber einer neuen russischen Vorstellung, 
die sich oberhalb Serock an den Narew anlehnte, dann über die Höhen südlich Blen- 
dostwo an die Wkra und von dort südwestlich bis zur Weichsel unterhalb Nowo- 
Georgiewsk verlies (vgl. die Karte S. 148). General v. Beseler beschloß, die Linie 
zwischen Narew und Wkra zu durchbrechen, die Festung im ganzen Umkreis zu um 
klammern und dann den Hauptstoß gegen die Nordsront der Forts I, II und III zu 
richten (vgl. auch die Meldungen der deutschen Obersten Heeresleitung in IX, S. 90 f.). 
Vorstöße der Russen am 28. und 29. Juli 1915 und in der dazwischen liegenden Nacht 
wurden mit schweren Verlusten für sie abgewiesen, die vorgeschobenen russischen Stellungen, 
die ein turkestanisches Armeekorps unter General Scheidcmann, dem Bruder des be 
kannten Heerführers, besetzt hielt, durch überwältigendes Artilleriefeuer sturmreif gemacht 
und am 6. August durch einen Durchbruch bei Blendostwo auf der ganzen Front zwischen 
Narew und Wkra aufgerollt. Die Russen zogen sich überall nach der Festung zurück und 
als am 6. August das Werk Dembe, am 7. August Serock sowie Zegrze und am 
10. August Benjaminow von den Belagerungstruppen erstürmt waren, war die Ab- 
schlicßung der eigentlichen Festung vollzogen. 
Ein Kölner, der als Artilleriebeobachter die Kämpfe vor Nowo-Georgiewsk miterlebt 
hat, schildert den Angriff auf Fort Dembe und seine Wirkung in der »Kölnischen 
Zeitung" (25. VIII. 15) folgendermaßen: „Am 6. August 1915 um 6 Uhr morgens begann 
das Feuer gegen die starken Waldstellungen wieder. Es schossen die verschiedensten Bat 
terien. Dazu viel Feldartillerie, alles zusammengedrängt aus einen sehr engen Raum. 
Man kann sich denken, was das für ein Lärm war. Aber wie nun auch die schwere 
Artillerie der Russen uns unter Feuer nahm und ein Geschoß nach dem andern in 
unserer Nähe platzte und schließlich noch ein russischer Flieger Bomben direkt in unsere 
Batterie warf, da habe ich gedacht, du hältst es einfach nicht mehr aus. Es war mir, 
als wenn man fortwährend mit einem Hammer auf meinen Schädel schlüge. Doch ich 
hatte ja die Verantwortung für die Batterie und war draußen auf der Beobachtung.
	        
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