Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

104 Die Ereignisse an der Ostfront im dritten Kriegshalbjahr 
Talent, wohl wackerer Mut der Verantwortung, wohl das vollendete Können, das ein 
arbeitsreiches Leben erzeugt hat — aber im letzten Grunde die Freiheit des Willens 
und die frohe, freimachende Gewißheit: „Die Truppe leistet, was ich von ihr verlange." 
„Das sind", so schließt der deutsche Offizier seine Ausführungen in der „Vossischen 
Zeitung", „Tatsachen von ausschlaggebender Wichtigkeit. Wenn deutsche Regimenter 
zum Sturm antreten, werden vorher keine schwülstigen Lagenberichte ausgegeben, keine 
Aufklärung gegeben, warum gerade dieser Angriff gemacht wird; da wird nicht das 
Blaue vom Himmel gelogen. Ein einfacher kurzer Befehl genügt ohne Begründung oder 
gar Erinnerung an das Pflichtgefühl. Bei Deutschlands Gegnern sieht das alles ganz 
anders aus, das beweisen die Joffreschen Befehle vor der Septemberschlacht 1915 
(vgl. X, S. 97 f.), wie russische Armeebefehle vom Juli und August 1915 (vgl. IX, S. 189). 
Weil aber die breite Masse der deutschen Soldaten auf so hoher Bildungsstufe steht, 
kommt gerade bei ihr in diesem Kriege das Pflichtbewußtsein so stark zum Ausdruck. 
Sie wissen alle, für Deutschland gibt es nur Sieg oder Untergang, sie können beurteilen, 
was dieser Krieg die Deutschen kosten würde, wenn er für sie unglücklich verlaufen 
sollte, und deshalb tun sie ihre Pflicht bis zum äußersten, tagaus, tagein, im Westen, 
Osten und auf dem Balkan." 
Zusammenfassende Darstellung 
Von Ansang August 1915 bis Anfang Februar 1916 
Die völlige Zertrümmerung des westrusfischen Festungssystems 
Vom 11. August bis 4. September 1915 
Lange Zeit hatte der russische Generalstab für einen Krieg gegen Deutschland und 
Oesterreich-Ungarn die Versammlung und den Aufmarsch der Hauptarmeen in dem 
Raum um Brest-Litowsk geplant. Vor der Front sollte die Rarem—Weichsellinie 
mit ihren Festungen einen feindlichen Vormarsch aufhalten und den eigenen Truppen 
Gelegenheit verschaffen, mit überlegenen Kräften gegen den geschwächten Gegner loszu 
brechen. Dieser Gedanke paßte nicht in die Entwürfe des französischen Bundesgenossen, 
der eine wirksamere Unterstützung durch eine Offensive gegen Deutschland verlangte 
und diese Forderung schließlich durchsetzte, weil er die Bewilligung weiterer finanzieller 
Hilfe von ihrer Erfüllung abhängig machte. Im Zusammenhang mit Bahnbauten west 
lich der Flußlinie, wo bisher nur wenige Strecken senkrecht aus die Grenzen zu verliefen, 
sollten die Festungen nun die Pforten zu einem gewaltigen Ausfall werden. 
Aber es kam anders. Die große Offensive der Heere der verbündeten Mittelmächte, 
die Zertrümmerung der Rarewlinie durch die Eroberung der Festungen Rozan und 
Pultusk (am 24. Juli 1915; vgl. IX, S. 117), der Festung Ostrolenka (4. August 
1915; vgl. IX, S. 117 f.), sowie die Räumung von Lomza am 10. August (vgl. IX, 
S. 120), der Einbruch in die polnische Lagerfestung durch die Eroberung von Jwan- 
gorod und Warschau am 5. August 1915 (vgl. IX, S. 167 s. und S. 169 f.) sowie 
die Einnahme vonZegrze am 8. August und die Einschließung von Nowo-Georgiewsk 
(vgl. IX, S. 118) haben dazu geführt, daß die russischen Heere sich dem Raum um Brest- 
Litowsk zuwenden mußten, allerdings nicht aus freien Stücken, sondern unter dem 
Druck des feindlichen Willens. Brest-Litowsk wurde ihr Ziel nicht als Versammlungs 
raum für einen Vormarsch, sondern als Ausnahmestellung. Der rechte Flügel dieser 
russischen zweiten Linie verlies, nach Berichten der Ententepresse von Riga hinter der 
Düna nach Dünaburg und Wilna bis Kowno, die Mitte hinter dem Rjemen und dann 
über Grodno, Bialystok nach Brest-Litowsk, während der linke Flügel über das Festungs 
dreieck von Luzk, Dubno und Rowno nach der Ukraine und Bessarabien zog.
	        
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