Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

34 Das d euts ch e Reich während des dritten Kriegshalbjahres 
Meine Herren, was unsere Gegner politisch und militärisch am Balkan eingebüßt haben, suchen 
sie jetzt durch Akte der Gewaltpolitik gegen neutrale Staaten einzubringen. Freilich 
bleiben sie damit ihren vom Anfang hierin befolgten Prinzipien treu. Zuerst wurde Serbien, dann 
Belgien bestimmt, unter keinen Umständen den Weg der Verständigung zu beschreiten, sondern sich 
dem Kriegswillen der Entente zu fügen und zu opfern. Jetzt soll Griechenland an die Reihe 
kommen. Anfänglich behaupteten die Ententemächte, sie seien, als sie ihre Truppen in Saloniki 
Landeten, von Griechenland zur Hilfe gerufen worden. Inzwischen ist es Herr Venizelos selbst ge 
wesen, der diese Behauptung widerlegt hat. Herr Venizelos hat in der griechischen Kammer aus 
drücklich erklärt, die Truppenlandungen in Saloniki ständen mit seiner früheren Anfrage an die En 
tente wegen etwaiger Truppensendungen in keinerlei Zusammenhang. Eigenmächtig begannen Eng 
land und Frankreich ihre Truppenlandungen in Saloniki und setzten sie trotz energischer Proteste 
der griechischen Regierung fort. Jetzt spielen sie sich dort ganz als die Herren des Landes auf. 
Wir wohnen dem interessanten Schauspiel bei, wie die Bekämpfer des sogenannten preußischen Mili 
tarismus die beherrschende Macht der englischen Flotte als brutales Drohmittel benutzen, um die 
griechische Regierung zur Verletzung der ihr als neutraler Macht obliegenden Pflichten zu zwingen. 
Zuerst wurde die Zusage wohlwollender Neutralität erpreßt. Als man das Zugeständnis des Prin 
zips hatte, ging man an seine Auslegung. Von Griechenland wurde gefordert: die Zurückziehung 
aller griechischen Truppen von Saloniki und Umgebung, freie Verfügung über diese Hafenstadt zur 
Einrichtung militärischer Verteidigungsmaßnahmen, Ueberlassung der griechischen Bahnen und Straßen 
von Saloniki nach der Grenze für Truppentransporte, Freiheit für militärische Maßnahmen aller 
Art in den griechischen Territorialgewässern. Das, meine Herren, versteht die Entente unter wohl 
wollender Neutralität. Meine Herren, die griechische Regierung ist trotz der schwierigen Lage, in 
der sie sich befindet, entschlosien, ihre Neutralität auch weiter zu wahren, eine Neutralität, 
die ihrem ausdrücklich ausgesprochenen Willen entspricht, und die der Würde und Unabhängigkeit 
Griechenlands ebenso wie seinen Interessen Rechnung trägt. 
Abgeschlossen ist die Angelegenheit noch nicht. Ich habe es aber für notwendig gehalten, auf die 
allerdings ja wohl schon bekannten Vorgänge von dieser Stelle noch einmal ausdrücklich hinzuweisen, 
UM damit den Machenschaften entgegenzutreten, mit denen uns die Entente, vor allen, Dingen Eng 
land, unablässig bekämpft. In unermüdlicher Wiederholung und mit einer raffinierten Regie hat 
England der Welt die Vorstellung eingehämmert, es habe in edelmütiger Selbstlosigkeit des ver 
gewaltigten Belgiens wegen zu den Waffen gegriffen, und es sei berufen, an Deutschland wegen 
dieser Vergewaltigung ein göttliches Strafgericht zu vollstrecken. England ist es geglückt, damit in 
der Welt Geschäfte zu machen. Mit der Zeit hat es allerdings Belgien als Kriegsgrund aufgeben 
müffen. Es wurde zu öffentlich bekannt, daß zuerst die Einkreisungspolitik Englands, dann die 
ohne Vorwiffen des Parlaments erfolgte Uebernahme von Verpflichtungen gegenüber dem an Ruß 
land gefesselten Frankreich dem englischen Kabinett so die Hände gebunden hatten, daß Sir Edward 
Grey den Entschluß nicht fand, Rußland vor dem Krieg zu warnen, und daß er, als die russische 
Mobilmachung den Krieg entfesselt hatte — ob willig oder widerstrebend, lasse ich dahingestellt — 
sich zum Eintritt in den Krieg entschloß, noch bevor Belgiens Neutralität überhaupt in Frage kam. 
Zuerst waren es, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, die „Times", welche offen zugaben, daß 
Belgien nicht der Kriegsgrund für England war. Um so zäher hielt England daran fest, uns der 
neutralen Welt als die Vertragsbrüchige, herrschsüchtige, die Welt unter ihren Militarismus zwin 
gende Nation zu denunzieren, die vernichtet werden müsse. 
Jetzt hat England und haben mit ihm seine Alliierten jedes Anrecht darauf verloren, dieses De 
nunziantentum fortzusetzen. Wer eine Politik der Vergewaltigung treibt, wie es jetzt die Entente 
gegenüber Griechenland tut, der kann nicht weiter den Scheinheiligen spielen. Das werden wir, 
meine Herren, genau so oft und so nachdrücklich vor der Welt wiederholen, wie es England ver 
sucht hat, hinter Verleumdungen Deutschlands sein wahres Gesicht zu verstecken. Uebrigens scheint 
England anzufangen, das selbst einzusehen. Die „Westminster Gazette", von der man sagt, daß sie der 
Regierung nahestehe, läßt sich in einem Artikel vom 30. November 1915 zu dem offenen Bekenntnis 
herbei, England habe gegen Deutschland die Waffen ergriffen, weil Deutschland sonst nicht hätte be 
zwungen werden können. Weshalb hat das die „Westminster Gazette" nicht schon am 4. August 1914 
erklärt? Dann hätte doch die Welt von Anfang herein Bescheid gewußt. Jetzt wenigstens weiß die 
Welt, warum auf Geheiß Englands dieses Völkermorden fortgesetzt wird.
	        
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