Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Die fünfte Kriegstagung des deutschen Reichstags 
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unsere Schätzungen durch die tatsächliche Gestaltung der Kriegsausgaben noch übertrosfen worden. 
Die Gründe für die Steigerung der Kriegsausgaben liegen auf der Hand. Die Aufstellung immer 
neuer Formationen und ihre Ausrüstung, die Verpflegung und Bekleidung unserer Truppen bei 
steigenden Preisen für alle Lebensmittel und Rohstoffe, der alle bisherigen Vorstellungen weit über 
treffende Munitionsverbrauch, die Instandhaltung, Vermehrung und Verbesserung unserer Kriegswerk 
zeuge zu Land, zu Wasser und in der Lust, die Organisation der Verkehrsmittel hinter unseren 
Fronten, der Bau von Wegen, Brücken und Eisenbahnen in den besetzten feindlichen Gebieten, das 
alles tritt täglich als Geldbedarf an mich heran und verdichtet sich zu Monatssummen, die hart an 
zwei Milliarden Mark heranreichen. Die Ausgaben eines einzigen Monats sind heute um ein Drittel 
hoher, als die Gesamtausgaben des Krieges von 1870/71. Wir wollen uns über die Größe der 
Leistung, die noch zu verrichten, über die Schwere der Opfer, die noch zu bringen sind, keiner Selbst 
täuschung hingeben. Es ist eine furchtbar schwere Zeit, die dem deutschen Volke und unserem Erd 
teil auferlegt ist. Wir wären dieser Zeit nicht würdig, wenn wir uns — more gallico — über 
ihren Ernst hinwegbetrügen wollten. Das Durchhalten wird im zweiten Kriegsjahr vielfach schwerer 
sein als im ersten. Wir wollen uns namentlich darüber klar sein, daß neue große Anstrengungen 
erforderlich sein werden, um unserer Bevölkerung im Innern das Turchhalten zu erleichtern; daß 
noch größere Mittel als bisher aufgewendet werden müffen, um die gegenwärtige Not zu lindern, 
drohendem Elend vorzubeugen und Schaden für die Zukunft des deutschen Volkes abzuwenden. Ich 
möchte hier ausdrücklich wiederholen, was ich bereits in der Budgetkommission erklärt habe, daß die 
verbündeten Regierungen sich diesen Aufgaben nicht entziehen werden. Ich wiederhole insbesondere, 
daß die Reichsfinanzverwaltung — einer in der Budgetkommission gegebenen Anregung entsprechend 
— aus dem neuen Kredit einen Betrag von §00 Millionen Mark bereitstellen wird, um den Fonds 
zu verstärken, der im Dezember vorigen Jahrs geschaffen worden ist zur Unterstützung von Ge 
meinden und Gemeindeverbänden auf dem Gebiete der Kriegswohlfahrtspflege, namentlich auf dem 
Gebiet der Familienunterstützung und der Erwerbslosenfürsorge. So schwer die materiellen Opfer 
sind, die das deutsche Volk neben den noch größeren und schwereren in diesem Kriege gebracht hat 
vnd weiter bringen wird, jeder Deutsche wußte von Anfang an, warum wir diese Opfer bringen, 
und jeder Deutsche weiß heute, daß die Opfer nicht umsonst gebracht werden. Ich brauche deshalb 
nicht viel Worte zu machen. Die durchschlagende Begründung der neuen Kreditvorlage ist der ein 
mütige Wille des deutschen Volkes, den uns ausgezwungenen Krieg bis zum siegreichen Ende durch 
zukämpfen, bis zu dem Frieden, den wir vor uns selbst, vor unseren Kindern und Enkeln verant 
worten können. So weit sind wir heute noch nicht. Noch wollen die Feinde nicht zugestehen, daß 
chr Frevelmut sich übernommen hat, als er sich vermaß, uns mit Ueberzahl und Waffengewalt 
niederzuringen; noch wiegen sie sich im Selbstbetrug, daß es ihnen gelingen könnte, uns durch Er 
müdung und Erschöpfung ihrem Willen zu unterwerfen. Noch immer sträuben sie sich, obwohl 
schwer getroffen, gegen den Gedanken, daß ihre Sache verspielt ist, daß die vernünftige Abwägung 
aller Aussichten sie zwingen muß, den Fehlschlag ihres Unternehmens einzugestehen, für sich zu 
retten, was zu retten ist, und uns Sühne und Sicherheit für die Zukunft zu bieten. Solange die 
Feinde sich nicht bequemen, aus der Tatsache unserer Unbesiegbarkeit und unserer Siege die Konse 
quenz zu ziehen, sind die Waffen unser einziges Mittel, sie zu überzeugen. Solange wollen, müffen 
und werden wir weiterkämpfen und jedes Opfer bringen, das der Krieg uns auferlegt. 
Für die Aufbringung der Mittel soll auch diesmal wieder der Anleiheweg beschritten 
werden. Ich habe bereits im März 1915 ausgeführt, welche Gründe die verbündeten Regierungen ver 
anlassen, von der Einbringung von Kriegssteuern, solange es angängig ist, abzusehen (vgl.VI1,S.18). 
Diese Gründe bestehen heute noch fort. Wir wollen während des Krieges die gewaltigen Lasten, die unser 
Volk trägt, nicht durch neue Steuern erhöhen, solange hierfür keine zwingende Notwendigkeit vorliegt. 
Eine stärkere Verbrauchsbesteuerung würde bei den ohnedies hohen Preisen aller Unterhaltungsmittel 
wohl ebensowenig auf Verständnis und Gegenliebe stoßen, wie eine erhöhte Besteuerung des Verkehrs. 
Die direkten Steuern werden, ganz abgesehen von der grundsätzlichen Frage, von den Kommunen 
und teilweise auch von den Einzelstaaten unter dem Zwang des Krieges ohnedies in erhöhtem Maße 
herangezogen. Diese Gründe wiegen umso schwerer, als auch im günstigsten Fall der Steuerertrag nur 
einen nach wenigen Prozenten zu berechnenden Bruchteil der ungeheuren Kriegslasten ausmachen könnte. 
Sie warten in diesem Zusammenhang wohl auf ein Wort über die vielbesprochene Kriegs gewinn 
steuer. Bei der Zusammenkunft der Finanzmiuister der Einzelstaaten, die am 10. Juli hier statt-
	        
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