Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Aus Persien und Afghanistan 
Von Februar 1915 bis Februar 1916 
Fortsetzung von Band IV, Seiten 186 und 240 
Nachrichten aus Persien 
Die Nachrichten aus Persien sind zahlreich, aber widerspruchsvoll und kaum nachzu 
prüfen. Eine Zusammenfassung ergibt ungefähr folgendes Bild: Als sich das persische 
Kabinett bei der Erklärung des Heiligen Kriegs dem Volkswunsche gegenüber, sofort in 
den Krieg einzutreten, ablehnend verhielt und äußerste Neutralität einzuhalten erklärte, 
mußte es zurücktreten. Aber auch das nächste Kabinett, das Mestafi ul Memalik gebildet 
hatte, war nicht von Dauer. Er hatte die Absicht, den russisch englischen Einfluß zu 
brechen, die von diesen beiden Mächten 1907/1908 vorgenommene Teilung Persiens in 
zwei Interessensphären abzuweisen, die allgemeine Dienstpflicht einzuführen und Persien 
durch zielbewußte Arbeit zu seiner früheren Blüte zu erheben. Als er jedoch um die sietig 
wachsende Aufregung zu beschwichtigen, Rußland energisch aufforderte, Persien zu räumen, 
entstanden Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Kabinetts, die ihn zur Demission zwangen. 
Daraufhin bildete Müschir üd Doleh ein neues Kabinett, mit säst gleichem Programm. 
Inzwischen verschlechterten sich die russisch, persischen Beziehungen immer mehr, wie 
Landungen russischer Truppen in Enseli und das Attentat auf den russischen Konsul in 
Kermanschah zeigten, und schließlich erzwangen der englische und der russische Gesandte 
Anfang Mai 1915 die Bildung eines neuen Kabinetts unter Ain üd Doleh, das aber 
bereits Juli 1915 wiederum durch ein Kabinct Mustafi ül Memalik ersetzt wurde. 
Während des ganzen Sommers 1915 hatte es den Anschein als ob die persische Un 
abhängigkeitsbewegung, der die Intelligenz und Geistlichkeit des Landes angehört, und 
deren Hauptsitz die Städte Kum, Jspahan und Hamadan waren, auch die Regierung zu 
sich hinüberziehen werde. Mit den ententefeindlichen Demokraten des Medschlis machte 
die von schwedischen Offizieren geschulte, einige tausend Mann zählende persische Gen 
darmerie gemeinsame Sache, es kam in verschiedenen Teilen des Landes zu Kämpfen wider 
russische Abteilungen, und als am 8. August 1915 die Engländer den wichtigen Hafenplatz 
Bender Buschir besetzt hatten, vermochten sie angesichts des Widerstandes der Be 
völkerung den Einmarsch in Süd Persien nicht durchzuführen. Sowohl in der Südprovinz 
Schiras, als bei Hamadan und andern Orten wurden britische Konsuln und Agenten, verhaftet. 
Andererseits waren deutsche Konsulalsbeamte von den Engländern gewaltsam nach Indien 
und der türkische Generalkonsul für Persien, Tewflk Bey, im September 1915 nach dem 
Kaukasus gebracht worden. Ob die mutiger gewordene persische Regierung, wie am 2. Oktober 
1915 aus türkischer Quelle berichtet wurde, die Zurückziehung der russischen und englischen 
Besatzungstruppen wirklich verlangt hat, ist zweifelhaft. Desgleichen ob die persische Regie 
rung im November 1915, nach der abermaligen, wohl Anfang Oktober 1915 erfolgten Lan 
dung russischer Truppen in Enseli und deren Vormarsch über Kaswin gegen Teheran ernstlich 
gesonnen war, ihren Sitz aus dem stets von Rußland bedrohten Teheran nach Jspahan zu 
verlegen. Jedenfalls brachten die Gesandten Deutschlands und Oesterreich-Ungarns sowie 
der Botschafter der Türkei ihre Archive und ihren persönlichen Besitz auf die Gesandtschaft 
der Vereinigten Staaten und begaben sich nach Südpersien, der deutsche Gesandte Prinz 
Heinrich XXXI. von Reuß wurde zudem bald darauf aus Gesundheitsrücksichten beur 
laubt, worauf der deutsche Generalkonsul, Dr. Dassel, die Geschäfte übernahm. 
Tie Persien Ende September 1915 von England und Rußland gewährte Anleihe 
von etwa 2700000 Franken für Ausgaben, die unter der Kontrolle der beiden Gläubiger
	        
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