Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Nachrichten aus Aegypten 
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mochte Anatolien mit seiner erst zwei Jahre alten ReiSkultur fast den ganzen Bedarf zu 
decken; der Reis er trag Mesopotamiens konnte nicht in Rechnung gestellt werden, da 
die nötigen Transportmittel fehlten. Doch deckt die letzte Ernte den Bedarf der Türkei 
für mehr als ein Jahr. Obwohl also die Ernte 1915 mit Hilfe der Regierung rasch ein 
gebracht werden konnte, drohte doch wiederholt Brotmangel, da es an Transportmitteln 
fehlte. Es gelang jedoch, wie der „Welt-Korrespondenz* aus Konstantinopel geschrieben 
wurde (13.X. 15), der Regierung, der Bevölkerung die ausgiebige Versorgung mit Brot zu 
gewährleisten. In Konstantinopel wurde mit Hilfe der Gesellschaft der „Essnafe“, der 
die Leiter der verschiedenen Korporationen (Essvak«) angehören, ein verschärfter Kontroll 
dienst bei den Müllern und Bäckern eingeführt, der jedem seine Brotration, eine halbe 
Oka sicherte. Später ist nach deutschem Vorbild eine Brotkarte eingeführt worden; 
auch der Zuckerverbrauch, der für den Kopf auf 80 Dramm pro Monat (etwa 1 kg) 
beschränkt werden mußte, erfolgte gegen Kontrollheste. Für Zucker, Holz und Pe 
troleum, das ausreichend aus Rumänien eingeführt wurde, sind Einheitspreise fest 
gesetzt worden. Kohlen konnten trotz der Tätigkeit der russischen Flotte genügend aus 
den türkischen Kohlenbecken am Schwarzen Meer nach Konstantinopel gebracht werden. 
Durch Auffindung neuer Gebiete meist hochwertiger Braunkohle am Golf von Jsmid und 
bei Rodosto sind die bekannten Kohlenlager am Marmarameer vermehrt worden. 
Zu Beginn des Krieges war die Ausfuhr von Getreide, Vieh, Kupfer, Wolle usw. 
verboten worden, später auch. Mitte Dezember 1915, von einheimischen Tabaken. Aus 
nahmen erlaubte die Regierung nur für die Verbündeten, insoweit die militärischen 
Interessen das zulassen; so stimmte die Regierung Anfang Dezember 1915 dem deutschen 
Verlangen nach Vieheinfuhr nach Deutschland zu, ebenso Mitte Januar 1916 der 
Gründung einer deutsch-orientalischen Handelsgesellschaft m. b. H. zur Einfuhr von 
Faserstoffen nach Deutschland. Andererseits hat die Kammer aus ihrer Mitte heraus 
für die Einfuhr von Mehl, Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Kleie, Heu und Vieh 
Zollsreiheit gewährt und bestimmt, daß diese eingeführten Artikel von der militärischen 
Beschlagnahme ausgenommen werden. Die größten Hoffnungen setzt man jedoch aus 
die bevorstehende Oeffnung der direkten Verbindungsstraße durch Bulgarien und Serbien 
nach Oesterreich-Ungarn und Deutschland, weil erst dann die Volkswirtschaft des Os- 
manischen Reiches durch die Wechselbeziehungen mit den Mittelmächten die Selbständig 
keit und den Aufschwung erlangen kann, die in ihrem und ihrer Verbündeten Interesse 
nötig find. 
Nachrichtm aus Aegyptm 
Nach amtlichen Meldungen und ergänzenden Mitteilungen 
4. September 1915." 
Auf den Minister der Wakusverwaltung Fathi Pascha ist auf dem Bahnhof in Kairo ein 
Attentat verübt worden. Der Attentäter, ein ägyptischer Beamter, der dem Minister mehrere, aber 
nicht lebensgefährliche Messerstiche beibrachte, wurde verhaftet. 
8. November. 
Auf Verordnung deS Sultans ist der Einfuhrzoll auf Spirituosen um 10 Prozent, der auf Bau 
holz um 8 Prozent vom Wert erhöht worden. Tabak, Zigarren und Zigaretten aus Ländern ohne 
Spezialvertrag werden mit 32 und 42 Piaster, sonst mit 30 und 40 Piaster das Kilo verzollt. 
10. November. 
Der Belagerungszustand ist auf ganz Aegypten ausgedehnt. 
Ende November 1915. 
In Kairo wurde eine Verschwörung entdeckt, die bezweckte, den Sultan zu entthronen und der 
englischen Herrschaft ein Ende zu bereiten. Etwa 40 Personen wurden verhaftet und 25 erschossen.
	        
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