Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

316 Der türkische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres 
Als wir zwei Meilen unterwegs waren, begann die Sache ernsthaft zu werden. Vor 
Müdigkeit brachen Leute zusammen, und alle hundert Meter, die wir weiter kämm, 
wurde es ärger und ärger. Nachdem wir vier Meilen zurückgelegt hatten, war es un 
möglich, weiter zu marschieren. Die Mannschaften konnten keinen Fuß mehr bewegen. 
Die Offiziere taten, was fle konnten, um die Mannschaften zu ermutigen. Einige gaben 
sogar ihren letzten Tropfen Wasser her, um indischen Offizieren zu helfen. 
Rasch wurde Befehl gegeben, wieder das Lager aufzuschlagen, während der Stab und 
die Kavallerie vorausgeschickt wurden, Wasser zu holen. Was ich jetzt zu sehen bekam, 
war gräßlich. Die englischen Offiziere halsen, was sie konnten; danach schickten wir 
uns an, geduldig auf das Wasser zu warten. Ich dachte, ich müßte sterben. 
Zuletzt schlug ich vor, alle Wasserflaschen auf Maulesel zu laden und unabhängig von 
den anderen Wasser holen zu lassen. Ich war verzweifelt. Wir waren sechs Meilen 
vom Fluß, aber es schienen fünfzig. Wie ich den Fluß erreichte, weiß ich nicht. Ich 
krampfte mich an den Sattel fest und hielt mich so gut als möglich mit den Flaschen 
am Sattel im Gleichgewicht, hinter mir sechs Maulesel. Als ich an den Fluß kam, 
warf ich das Pferd hinein und ließ mich selbst ins Wasser fallen. Das kühle Wasser 
brachte mich wieder etwas zu mir. Das Pferd und ich standen beieinander, und ich 
trank, daß ich dachte, ich würde bersten. Es war herrlich. Das Wasser war sumpfig, 
aber es machte mir nichts. Dann füllte ich alle Flaschen. Ich war früher zurück als 
die andern Wasserholer, und ich glaube, daß ich dadurch vielen das Leben gerettet habe." 
Welch ungeheure Aufgabe der englische Sanitätsdienst in Mesopotamien zu bewältigen 
hatte, geht aus dem Brief eines englischen Offiziers hervor, der frühzeitig in der Schlacht 
von Ktestphon verwundet wurde. Er berichtet nach Mitteilungen des „Berliner Tageblatts" 
(2. II. 1916) aus dem Haag: „Nachdem ich mit einem Notverband dreiviertel Stunden 
am Platz, wo ich niedergefallen war, gelegen hatte, kam unser Assistenzarzt mit einer Trag 
bahre und schaffte mich etwa 100 Jards rückwärts nach einem Platz, wo ungefähr ein 
Dutzend unserer Leute verwundet lagen. Als eine Batterie etwa 100 Jards vor uns auf 
fuhr, zog ste alles türkische Feuer aus uns. Für ungefähr zehn Minuten glaubten wir 
in der Hölle zu sein. Ich kroch schließlich mit einem Kameraden unter einen Protz 
wagen. Das war 2 Uhr nachmittags. Um 3 Uhr kamen einige Tragbahren, die 
uns 500 Jards weiter zurück an einen Verbandplatz schafften. Dieser war gestopft 
voll: ein schrecklicher Anblick. Ständig kamen Verwundete an, fast alle von unserem 
Regiment. Da gar zu viele noch schlimmere Fälle vorlagen, wurden wir auf einen 
Karren gepackt und von hier noch einmal 1000 Jards weiter rückwärts befördert. Es 
war eine Todesfahrt, der Weg war fürchterlich, über gepflügte Felder ging es bis zur 
Feldambulanz, die auch überfüllt war. Ungefähr 5 Uhr nachmittags kamen wir an. 
Es war bereits Dämmerung, als eine Menge Karren eintrafen, um uns zu den ersten 
Laufgrabenlinien zu befördern, die ungefähr vier Meilen weiter zurück lagen. Eine 
entsetzliche Fahrt. Schließlich legte man uns in einer großen Feldschanze nieder. 
Es war bitter kalt. Die ganze Nacht über kamen weitere Verwundete an. Wir 
blieben da die ganze Nacht hindurch. Das Feuer ging unaufhaltsam weiter. Am 
nächsten Morgen, den 22. November, wurden diejenigen, die gehen konnten, noch 
weiter zurückgeschickt. Wir waren nun in der vorgeschobenen Stellung unserer Linie. 
Um 2 Uhr nachmittags fingen die Türken an, uns zu beschießen. Wir krochen alle in 
einen anschließenden Schützengraben; die das nicht konnten, wurden dahin getragen. 
Da lagen wir aneinandergepreßt wie Sardinen. In der Morgendämmerung des 23. No 
vember kamen 70 Karren, um uns wegzuholen. Sie nahmen uns weitere vier Meilen 
zurück. Um 9 Uhr morgens wurden die Karren nach Zay zurückbeordert, wieder sieben 
Meilen. Um Mitternacht erreichten wir Zaq und wurden aus ein Schiff gebracht. Am
	        
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