Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Der Kampf um die Dardanellen und die Räumung der Gallipoli-Halbinsel 259 
Am Nachmittag des 8. August wurde die Streitmacht in drei Abteilungen neu ge 
gliedert: „Neuseeländer, Inder und eine Brigade" — diese scheint den Rest der austra 
lischen Division darzustellen. Ihre nächste Ausgabe war die Erstürmung von Tschunuk 
Bahir. Große Verstärkungen waren noch von einer andern Division in die Feuerlinie 
gezogen worden, ehe am Morgen des 9. August eine heftige Beschießung der See- und 
Landgeschütze gegen Tschunuk Bahir und den Hügel Q einsetzte. Der Vormarsch der 
Brigade war durch zerrissene Bodenverhältnisse und feindlichen Widerstand gehemmt; 
ein Bataillon Gurkhas dagegen drangen bis zum Kamme hinauf und hatten hier einen 
Ausblick auf die Dardanellen, den sie in lebhaften Beschreibungen schilderten; aber ein 
heftiger Gegenangriff und Granatfeuer warfen sie zurück. Inzwischen wandten sich die 
Türken mit großer Gewalt auch gegen den linken Flügel, der sich auf die niedern 
Hänge von Sari Bahir zurückziehen mußte. Die Neuseeländer allein behaupteten trotz 
großer Erschöpfung noch die gewonnenen Stellungen am Tschunuk Bahir, wurden aber 
dann während der Nacht von zwei andern Regimentern abgelöst. 
So kam der 10. August heran, mit ihm die Türken in beträchtlicher Verstärkung. Sie 
unternahmen vom Hügel Q und dem Tschunuk Bahir einen erbitterten Angriff, dem die beiden 
Regimenter nicht standhielten, so daß sie immer weiter den Abhang hinunter weichen mußten. 
Um ihren Erfolg zu vervollständigen, stürmten die Türken in die große Schlucht südlich 
von der Rhododendronhöhe hinab, offenbar um sich zwischen unsere neue Linie und die 
Anzakstellung zu schieben. „Aber sie hatten," heißt es in dem Bericht, „nicht mit unserer 
Artillerie und den Schiffen gerechnet. Der große Ansturm in vier aufeinanderfolgenden 
Linien Infanterie war allen unsern Kriegsschiffen und unsern Landbatterien deutlich 
sichtbar. Hier gerieten die Türken in eine Falle. Das eigene Schwergewicht des abwärts 
gerichteten Angriffs hinderte sie, rasch kehrt zu machen, und so wurden sie durch einen 
furchtbaren Hagel von Geschossen aller Art aus Schiffsgeschützen, Haubitzen und Feld 
stücken zu Hunderten niedergemäht. Nie hat im ganzen Feldzug ein solches Scheiben 
ziel die Herzen unserer Kanoniere erfreut. Wie die gewaltigen Granaten von den 
Schiffen mitten unter den Feind einschlugen, wurden ungeheure Erdmassen in die Luft 
gesprengt und zwischen ihnen menschliche Leiber; aber selbst dieses furchtbare Geschütz- 
seuer hätte den türkischen Ansturm nicht gebrochen, wären nicht zehn Maschinengewehre 
auf kurze Entfernung hinzugekommen. Von den Türken flohen die einen über den 
Kamm, um ihre Gräben wiederzugewinnen, andere stürmten vorwärts hinab in die 
Deckung der Hügel und Schluchten, wo sie aber von unseren Schrapnellen ausfindig 
gemacht wurden. In wenigen Minuten war die ganze Division zertrümmert, der Sturm 
zurückgeschlagen, die Ueberlebenden überall hin versprengt. 
Wenn es also den Türken gelungen ist, uns vom Kamm des Tschunuk Bahir zu ver 
treiben, so haben sie doch einen teuern Preis dafür bezahlt. Sie fochten in der Tat mit 
dem Mute der Verzweiflung; denn sie waren sich wohl bewußt, wie bedenklich ihre Stellung 
werden würde, wenn es uns gelungen wäre, den Tschunuk Bahir und dessen Verbindungs 
rücken zum Hügel Q zu behaupten." ... „Aber die großartige Haltung unserer Offiziere 
rettete die Situation. Generale und Oberste kämpften mit Bajonett und Gewehren 
Schulter an Schulter mit den Truppen in der vordersten Linie. Viele Kommandanten 
fanden den Tod, darunter auch General Baldwin, der vier Tage lang seinen Leuten mit 
glänzendem Beispiel vorangegangen war. So wurde der Feind allmählich zurückgedrängt 
und der Boden, den wir preisgeben mußten, zurückgewonnen. Das Ergebnis der Ope 
rationen in diesem Abschnitt ist eine Erweiterung der Anzacstellung. Wir halten die 
untersten Hügel und befinden uns unterhalb des Gipfels von Tschunuk Bahir. Hier 
haben sich unsere Leute gut eingegraben und harren der kommenden Dinge mit jener 
Gemütsruhe, die für den britischen und Kolonialsoldaten bezeichnend ist."
	        
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