Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

10 Der italienische Krieg während des dritten Kriegshalbjahres 
Fast übereinstimmend schätzten, nach dem Wiener Bericht der „Neuen Zürcher Zeitung" 
(27. XI. 1915) die Generalstäbe der an der Jsonzofront kämpfenden österreichisch 
ungarischen Korps die Verluste der Italiener bis zu den ersten Tagen des November 
aus mehr denn 150000 Mann, und später hat sich dann die Zahl noch erheblich ver 
größert. Dazu kam die ungeheure Materialverschwendung. An einem der heftigsten Kampf 
tage haben sie 40000 bis 50000 Artilleriegeschosse verfeuert! Und der Erfolg? Ander 
ganzen über 80 Kilometer langen Jsonzofront sind sie in einige wenige Grabenstücke einge 
drungen, die ihnen jedoch größtenteils bald wieder entrissen wurden und selbst die Ge 
winnung des Zugangs zum Ledrotale und der Vorstellungen am Col di Lana war kein 
Erfolg, der der gewaltigen Opfer nur einigermaßen wert wäre. Der österreichisch 
ungarische Oberbefehlshaber am Jsonzo General d. Inf. v. Boroevic konnte mit Recht 
erklären „die dritte (vierte) Jsonzoschlacht ist zu Ende, wir haben sie gewonnen". 
Bei einem gefallenen italienischen Offizier wurde ein Tagesbefehl des italienischen 
siebenten Armeekorps, unterzeichnet von dem Kommandeur Generalleutnant Pecci Giraldi, 
gefunden, der wörtlich lautet: „Offiziere und Truppen des 7. Korps! Es steht eine all 
gemeine große Offensive bevor, an der unser 7. Korps hervorragenden Anteil nehmen 
wird. Unser erlauchter Armeekommandant hat seinen Angriffsbefehl mit dem Wort Sieg 
geschloffen, was für uns gleichzeitig ein Ansporn und ein Glückwunsch sein soll. Ich 
rechne aus jeden einzelnen von euch sicher, daß jeder tapfer seine Pflicht tun wird mit 
Aufwand aller Energie und all eurer körperlichen und geistigen Kraft. Bedenket, daß 
die Augen ganz Italiens und aller anderen Heere auf euch gerichtet sind, bedenket, daß 
es euch durch einen einzigen kräftigen Angriff gelingen kann, den größten Vorteil für 
euer Vaterland zu erringen und ewigen Ruhm für die Armee und für euch selbst zu ernten. 
Der Gegner ist schon zermürbt und wankt und wird euren Schlägen 
nicht mehr widerstehen können, wenn ihr ihn beim Angriff die ganze Gewalt 
eures unwiderstehlichen Willens zum Sieg fühlen lassen werdet. Mut Kameraden! 
Macht, daß man eines Tages von euch sagen kann: Er kämpfte und siegte am Karst, 
und immer vorwärts bis zum Schluß für Italien und für den König." 
Mit Strömen Blutes haben die Italiener neuerlich die Erkenntnis bezahlen müssen, 
daß ihr Gegner eine Mauer von Eisen und Stahl bildet, die sie niemals werden zum 
Wanken bringen trotz aller Tapferkeit ihrer braven Truppen, vor der sich auch der Gegner 
neigte. Ganze italienische Regimenter wußten — das hat General v. Boroevic rühmend 
und ohne Rückhalt anerkannt — bis aus den letzten Mann zu sterben! 
Die Parlamentsschlacht und die Winterkämpfe 
Vom 9. November 1915 bis 15. Februar 1916 
Während die vierte (dritte) Jsonzoschlacht als Teil des italienischen Generalangriffs 
auf der ganzen österreichisch-ungarischen Front eine rein strategische Schlacht war, hatte 
die fünfte (vierte) Jsonzoschlacht rein politischen Charakter; österreichisch-ungarische 
Generalstabsoffiziere nannten sie die Parlaments sch lacht. 
Aus demselben Grunde, aus dem in einem längeren Artikel des „Giornale d'Jtalia" 
(vgl. S. 13) journalistisch versucht wurde, den Anstrengungen der italienischen Armeen 
Erfolg zuzuschreiben, aus demselben Grunde hat Cadorna seine strategischen Operationen 
am Jsonzo zu einem neuen Sturm auf Görz zusammengefaßt. „Nicht äußere Politik 
sprach hier das Wort", schrieb Major a. D. F. C. Endres in der „Frankfurter Zeitung" 
(28. XL 1915), „nicht der Wunsch, England zu befriedigen, nicht einmal nur militärische 
Eitelkeit — nein, es war nichts anderes, als die Rücksicht auf das eigene, anfangs 
Dezember 1915 wieder tagende Parlament, die diese Hekatomben Blut erforderte. Es 
war der verlegene Wunsch, nach sechs Monaten zweck- und erfolgloser Operationen, nach
	        
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