Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

D i e erste Kriegstagung des Parlaments 179 
9. Dezember 1915. 
Wie die Konstanlinopeler Blätter aus vertrauenswürdiger Quelle erfahren, halten gut organisierte 
Streitkräfte der Senussen und der tripolitanischen Eingeborenen das ganze Wilajet Tripolis 
besetzt. Sie haben ihr Hauptquartier in Suk-el-Dschurna, anderthalb Stunden von der Stadt 
Tripolis, errichtet und sind auch in die Kasr Syrt eingedrungen. Dabei verloren die Italiener 
6000 Mann an Toten und ließen viel Waffen und Munition in den Händen der Eingeborenen. 
13. Dezember 1915. 
Wie aus Genua gemeldet wurde, gaben die italienischen Schiffahrtsgesellschaften die Einstellung 
der gesamten Handelsschiffahrt mit der Stadt und Kolonie Tripolis bekannt. 
7. Januar 1916. 
Nach Züricher Meldungen aus Rom traf General Ameglio, der Gouverneur von Tripolis, in 
Rom ein, zur Beratung der Maßnahmen gegen den Senussi-Aufstand. 
Die erste Kriegstagung des Parlammts 
Vor der Eröffnung 
Die Einberufung der italienischen Kammer, die am 1. Dezember 1915 zum ersten Mal 
seit dem schicksalsschweren Tage, an dem sie durch die Verleihung der Generalvollmacht 
an das Ministerium Salandra-Sonnino den Eintritt Italiens in den Weltkrieg be 
schlossen hatte, wieder zusammentrat, hatte schon Wochen vorher alle Gemüter erregt. 
„Denn als man jenen verhängnisvollen Entschluß faßte, da war man/ wie der „Welt- 
Korrespondenz" (20. LI. 15) aus Lugano geschrieben wurde, „der festen Ueberzeugung, 
daß die Regierung mit irgendeinem, in die Augen springenden Erfolg würde vor die 
Kammer treten können, wenn sie, wie jene Generalvollmacht es ihr vorschrieb, die Zu 
stimmung der gesetzgebenden Körperschaften zu den Staatsausgaben für das Jahr 1916 
erbitten müßte. Und da sich diese Ueberzeugung nun als eine irrige erwiesen hat, da 
weder der Görzer Brückenkopf, noch die Höhen von Tolmein, noch die Hochebenen von 
Doberdo und Lasraun trotz der ungeheueren Verluste des italienischen Heeres erobert 
werden konnten, begannen die Nationalisten, die Radikalen und die Republikaner, die 
sich für den Krieg verantwortlich fühlten, zu fürchten, daß die Parteien, die sich durch 
die Straßendemonstrationen im Mai 1915 hatten einschüchtern lassen, neuen Mut ge 
winnen und Rechenschaft von denen verlangen würden, die das Land in diese Abenteuer 
gestürzt hatten. Darum eröffneten sie nun nach dem Grundsatz, daß der Hieb die 
beste Parade ist mit ungeheurem Getöse einen neuen Feldzug gegen diese Parteien, die 
sie während der langen Kriegsmonate schon hundertmal für tot erklärt hatten, einen 
Feldzug, der große Aehnlichkeit mit dem hatte, den sie im Mai 1915 gegen Giolitti und 
seine Anhänger geführt hatten (vgl. VI, S. 290 u. f.). 
Die Angegriffenen blieben die Antwort nicht schuldig. Sie verbaten sich unter Hin 
weis aus die auch in Italien notwendige, von den Angreifern selbst in den Tagen der 
Kriegsbegeisterung geforderte Einrichtung des Burgfriedens die haltlosen Verdächtigungen, 
die durch nichts begründet seien, und die Sozialisten enthüllten in ihrem mutigen „Avanti" 
die dunklen Machenschaften der Freimaurerei, die, von England indirekt durch die 
französische Loge dazu ausgefordert, zum zweiten Male gewaltsam die Freiheit des 
Parlaments anzutasten wage. Sie behaupteten, daß die berühmten interventio 
nistischen Verbände, die „tasoi interventisti“, bei Gelegenheit der Kammereröffnung 
wieder auf der Straße auftauchen sollten, um jede Regung der Opposition im Keime zu 
ersticken. „Einige vom Mai her bekannte Gestalten," so schrieb der „Avanti", „er 
scheinen schon wieder auf dem Plan und sind von Mailand und Bologna nach Rom 
gekommen, um die Herrschaft der Straße vorzubereiten. Und inzwischen beginnt auch 
die Freimaurerei zur antiparlamentarischcn Mobilisation zu rüsten mit besonderer Rück-
	        
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