Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

128 Der italienische Krieg während des dritten Kriegsh albj ah res 
schickte ihn mit einigen Leuten der feindlichen Patrouille entgegen. Es wurde nicht viel 
geredet. Der Zugsführer hatte sofort begriffen, was er zu tun hatte. Und nun ließ 
sich der Leutnant ein Gewehr reichen und gab langsam genau fünf Schüsse ab. Nicht 
um eine Patrone mehr als nötig. 
Der Zugführer war inzwischen mit seinen Leuten im Laufschritt in den Rücken der 
italienischen Patrouille gekommen, die etwa 500 Schritte von uns entfernt war. Als sie, 
durch das wohlgezielte Feuer zuerst am weiteren Vorgehen verhindert, und dann, durch 
den Fall ihres Führers erschreckt, kehrt machen wollte, um zurückzulaufen, wurde sie 
von unseren Leuten kaltblütig entwaffnet und gefangengenommen. Ich schaute aus die 
Uhr: Von der Verkündung der Patrouille durch den Späher bis zu dem Augenblick, 
in dem die gefangenen Italiener die österreichisch-ungarischen Drahthindernisse passiert 
hatten, waren genau sechs Minuten verstrichen. Ihr Führer aber, der schwer ver 
wundet war, mußte von unserer Sanitätspatrouille auf der Tragbahre hereingebracht 
werden. Es war ein blutjunger Leutnant, offenbar eben erst ausgemustert; er ist trotz 
ärztlicher Hilfe bald darauf gestorben. Die drei Gefangenen aber hatten sich Zigaretten 
angezündet. 
Dies an und für sich unbedeutende Vorkommnis ist bezeichnend für die Schlagfertig 
keit der österreichisch-ungarischen Verteidiger an der Südwestfront und ein typisches 
Beispiel dafür, wie ruhig und sicher die Abwehr geschieht." 
„Avanti, Signor Capitano!“ 
Emil Szomory erzählt in der Wiener „Neuen Freien Presse" (6. II. 16) folgendes 
Erlebnis: „Tiefe Stille herrscht an der ganzen Jsonzofront und außer den gewöhnlichen 
Artilleriekämpfen und belanglosen kleinen Unternehmungen verfließen die Tage ereignis 
los. In den vordersten Stellungen, die auf dem Doberdoplateau mitunter nicht weiter 
als vierzig Schritt voneinander entfernt sind, fällt tagelang kein Schuß aus Infanterie- 
gewehren. Ständige Mißerfolg demoralisiert selbst die tapfersten Truppen. Die Disziplin 
der Italiener, die zur Einsicht gelangten, daß auch unsere Jsonzofront felsenfest steht, ist 
abgeflaut. Einen erschütternden Beweis dafür erlebte ich bei unseren Stellungen an der 
Steinbruchshöhe. 
Aus den vierzig Schritt weit entfernten italienischen Schützengräben ertönte in der 
Dämmerung ein „Avanti“-Kommando. Die Unseligen, die stets auf dem Sprung sind, 
ergriffen das Gewehr und sahen dem zu gewärtigenden Ansturm entgegen. „Avanti! 
Avanti!“ ertönte es von drüben laut, aber dem Ruse folgte Mäuschenstille. „Avanti! 
Avanti!“ immer dieselbe Stimme, die auch jetzt ohne Echo blieb. Die Unseren lauerten 
wie die Jäger auf das edle Wild. 
Von drüben ertönte nun eine andere Stimme: „Avanti, signor capitano!“ rief ein 
Mann. Nach einigen Augenblicken erschien am Rande des italienischen Schützengrabens 
ein junger Hauptmann mit gezogenem Degen. „Avanti!“ schrie er nochmals, sich um 
wendend, aber die italienischen Soldaten rührten sich nicht. Er stand mutterseelenallein 
aus der öden Steinbruchshöhe dem eingegrabenen Feind gegenüber. „Avanti, signor 
capitano!“ schrien seine eigenen Leute stets lauter, und er machte einige Schritte vor 
wärts. Ein Schuß traf ihn in die Schläfe und tötete ihn sofort. Nun ertönte aus 
dem italienischen Schützengraben wieder die Stimme, die ihn zum Sturm angeeifert 
hatte — es wurde ihm jetzt Anerkennung gezollt. „Bravo, signor capitano!“ hieß es 
weit hörbar. 
Der tote Hauptmann blieb bis zur vollständigen Dunkelheit liegen. Dann schaffte 
man seinen Leichnam sorgfältig in den Schützengraben, und seine Soldaten beerdigten 
ihn, seine eigenen Leute, die keine Lust gehabt hatten, mit ihm zu sterben."
	        
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