Volltext: Der Völkerkrieg Band 7 (7 / 1917)

Der italienische Krieg während des 
dritten Kriegshalbjahres 
Von Anfang August 1915 bis Mitte Februar 1916 
Fortsetzung von Band VIII, Seiten 1 bis 149 
Das Rätsel der Jsonzo-Front 
Von Roda-Roda 
Der Kapitän der nordamerikanischen Marine F. C. Kleinschmidt, der 1891 in der 
chilenischen Revolution aus Balmacedas Seite gefochten und dann fünfzehn Jahre fast 
ohne Unterbrechung in den Eisgebieten Labradors und Sibiriens als Forscher, Jäger 
und Sammler im Auftrag des Pittsburger Carnegie Museums verbrachte, erschien im 
Mai 1915 im K. u. K. Kriegspressequartier, um ein Stück Krieg zu sehen, und erlebte 
die Schlacht bei Gorlice mit, den Sturm auf Belgrad und zwei Monate auf dem Schau 
platz im Südwesten. Nach seiner Rückkehr Mitte Januar 1916 konnte ich mich mit 
ihm unterhalten — über das Rätsel der Jsonzosront. 
„Denn es ist ein Rätsel," sagt er. „Warum können die Italiener da nicht durch 
brechen? Ich war bei General d. Inf. v. Boroevie, und er sprach zu mir: „Ich kom 
mandiere hier seit Mai 1915, und seit Mai sind die Stellungen fest in unserer Hand." 
Niemand soll das mißverstehen — so, als hätte Oesterreich-Ungarn nichts zu tun, als 
den Feind an ungeheuer starken Besatzungen einer festen Mauer zerschellen zu lassen. 
Gerade das Gegenteil ist der Fall: Ihr Oesterreicher und Ungarn seid in Rußland, 
Ostgalizien und aus dem Balkan beschäftigt, hattet Mörserbatterien in Belgien stehen 
und an den Dardanellen — die einfachste Rechnung lehrt, daß euch die Italiener sicher 
lich irgendwann, vielleicht aber schon morgen, mit drei- und viermal mehr Artillerie 
gegenüberstehen, mit dreimal mehr Truppen, als ihr dahin geschickt habt. 
Wie kommt es dann aber, daß die Italiener bisher nicht durchbrechen konnten^? Und 
es auch in aller Zukunft wohl niemals fertigbringen werden? Deutsche, Oesterreicher und 
Ungarn haben im Mai 1915 die russische Front bei Gorlice mit geringerer Ueberlegen« 
heit durchbrochen und sind bei Belgrad über ganz andere Hindernisse weggesetzt. 
Ich habe an der Jsonzosront einen Monat bei den Stäben verbracht und einen in 
der vordersten Schützenlinie. Das Rätsel der Jsonzosront ist für mich keines mehr. 
Die Karten der Stäbe am Jsonzo sind besät mit den roten Bezeichnungen feindlicher 
Batterien; in dieselben Karten sind die Ertragsgrenzen der K. u. K. Geschütze eingezirkelt. 
Das erste große Geheimnis eurer Erfolge nun ist die Verwendung eurer Artillerie. 
Eure Kanonen, Haubitzen und Mörser haben dank geschickter Verteilung eine solche 
Wucht und so große bestrichene Räume, daß jedes Rohr dreifach zur Wirkung kommt. 
Alle Entfernungen sind gemessen und nachgeprüft, die Schußelemente bekannt. In dem 
Augenblick, wo sich die Italiener zum Angriff rühren, ergeht ein kurzer Befehl im 
Fernsprecher — und binnen fünf Minuten haben sich sämtliche Flugbahnen des 
Abschnittes auf einem Punkt, dem gefährlichsten, vereinigt. Das ist eine Ursache 
eurer Siege. 
Die zweite ist euere famose Infanterie. Ich bin Augenzeuge gewesen, und gefangene 
feindliche Offiziere konnten es mir nur bestätigen: es nutzt nichts, die Italiener haben 
das Schlottern in den Knien nicht überwunden. Die österreichischen und ungarischen 
Truppen — Magyaren, Deutsche, Tiroler, Kroaten, Rumänen — sind achtzehn Monate 
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