Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

272 Belgien während des dritten Kriegshalbjahres 
Ungarn und der Schweiz eingefunden hatten, hat der Generalgouverneur Freiherr von 
Bisstng schon ausgesprochen: „Die in Deutschland bewährten Grundsätze der Denkmal 
pflege sollen hier in Belgien zur Geltung kommen", womit natürlich nicht gemeint ist, 
daß deutsche Architektur oder deutscher Geschmack den Belgiern aufgenötigt werden soll. 
Die deutsche Obrigkeit und die Kirche in Belgien 
Beim Klerus herrschte, wie Freiherr v. Bissing dem Berichterstatter der „Frankfurter 
Zeitung" (15. XII. 1915) versicherte, im allgemeinen das Bestreben, auf die deutschen Be 
stimmungen und Wünsche einzugehen. Nur in der Diözese des Kardinals Mercier 
dem Erzbistum Mecheln, das die Provinzen Brabant und Antwerpen mit fast drei 
Millionen Einwohnern umfaßt (vgl. III, S. 240), merke man die Widerhaarigkeit der 
Herren sehr wohl. 
Eine Ansprache des Kardinals an die Pilger zur Notre Dame-Basilika von Koesel- 
berg, worin er eine Hymne auf die Herrschertugenden des Königs Albert und seine 
entschlossene Haltung bei der Abwehr des deutschen Neutralitätsbruches anstimmte, und 
auf den unauslöschlichen Haß der Belgier beider Zungen gegen den deutschen Ver 
gewaltiger hinwies, sowie die Tatsache, daß viele belgische Geistliche und Mönche wegen 
„Kriegsverrats" vor den deutschen Kriegsgerichten standen, haben die Verhältnisse noch 
mehr zugespitzt, so daß man nach einem Bericht der „Neuen Züricher Zeitung" (11.1.1916) 
aus Havre, in belgischen Regierungskreisen davon überzeugt war, es habe zwischen der 
deutschen Regierung und dem Heiligen Stuhl wegen der Haltung der belgischen Geistlich 
keit ein Meinungsaustausch stattgefunden, der dann die Berufung der belgischen Bischöfe 
„Ad limina“ zur Folge gehabt habe. Denn daß Papst Benedikt XV. den Mittelmächten 
wohlgesinnt sei, galt in Havre als sicher; einen neuen Beweis dafür sah man in der 
Ernennung des der Deutschen Verwaltung genehmen Monsignore Deerooy zum Bischof 
der überaus wichtigen Diözese Tournay an Stelle des Regierungskandidaten, die man 
aus den Einfluß des beim belgischen Hose in Ungnade gefallenen Brüsseler Nuntius 
Tacci-Porzelli zurückführte (vgl. auch S. 257). 
Bischof Heylen von Namur war um die Jahreswende 1915 in Rom, um sich für 
die kirchliche Verwaltung der ihm anvertrauten nordfranzösischen Bistümer Rat und Geld 
zu holen. Die Reise des Kardinals Mercier, die aus Ansang November 1915 festgesetzt 
worden war, ist aus Gründen, die nicht bekannt geworden sind, auf Februar 1916 ver 
schoben worden; über sie wird im nächsten Abschnitt berichtet werden. 
In dieser Zeit des Wartens hat Kardinal Mercier jenen gemeinsamen Brief der 
belgischen Bischöfe, mit Ausnahme der von Gent und Brügge, an das deutsche 
Episkopat verfaßt, der, datiert vom 24. November 1915, ein Schiedsgericht zur 
Untersuchung der sogenannten deutschen Greuel forderte und wohl nicht ohne Absicht 
kurz vor der Romreise des Kardinals zu deutschfeindlicher Agitation veröffentlicht wurde. 
Als Antwort auf dieses Schreiben hat die „Kölnische Volkszeitung" (18. II. 1916) 
folgendes bekannt gegeben: „Wir haben nunmehr an zuständiger Stelle erfahren, daß das 
deutsche Episkopat aus jenes Kollektivschreiben der belgischen Bischöfe vom 24. Novem 
ber 1915 nicht antworten wird. Wir haben die Ueberzeugung, daß für diese Stellung 
nahme des deutschen Episkopats vor allem der Wunsch des Heiligen Vaters maßgebend 
gewesen ist, daß derartige Polemiken unter Bischöfen verschiedener Nationen vermieden 
werden. Die Entscheidung unserer Bischöfe ist uns auch deshalb sehr verständlich, weil 
das Schreiben des belgischen Episkopats nur dazu dient, die bestehende politische Er 
regung im belgischen Volke aufrechtzuerhalten, und weil das vorgeschlagene bischöfliche 
Schiedsgericht rechtlich unmöglich und praktisch völlig undurchführbar ist."
	        
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