Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

270 Belgien während des dritten Kriegshalbjahres 
wurde sofort vollzogen. Gleich darauf ließ der Papst, wie der „Osservatore Romano" 
(20. X. 1915) meldete, auf Verwendung der englischen und belgischen Gesandten an den 
Kardinal v. Hartmann in Köln telegraphieren, er möge den deutschen Kaiser um die 
Begnadigung der zum Tode verurteilten Gräfin de Belleville und des Fräuleins Thulier 
sowie der anderen Belgier und Franzosen bitten. Kardinal Erzbischof v. Hartmann 
antwortete, der Kaiser habe die Hinrichtung verschieben lassen und einen genauen Bericht 
eingefordert. Am 11. November 1915 konnte die „Kölnische Volkszeitung" dann mit 
teilen, daß Kaiser Wilhelm die gegen die Gräfin de Belleville, Fräulein Thulier und 
Louis Severin in Brüssel erkannte Todesstrafe auf die Fürbitte des Papstes hin im 
Gnadenweg in lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt habe. 
Der Fall Cavell kam in beiden Häusern des englischen Parlaments zu Erörterung. 
Im Unterhause erinnerte Lord Robert Cecil in der Antwort auf eine Anfrage über die 
Verantwortlichkeit für Miß Caveüs Tode an die Erklärung Asquiths vom 5. Mai 1915, 
daß Genugtuung von allen Personen gefordert werden würde, die erwiesenermaßen 
britische Gefangene mißhandelten. Das Gelübde gelte noch immer und gelte doppelt für 
den grausamen Mord der edlen Frau unter einem gesetzlichen Deckmantel. 
Auch die englische Regierung machte den Versuch durch falsche und übertriebene Schil 
derungen des Falles in der ganzen Welt die Meinung auskommen zu lassen, es bestehe 
in Belgien eine deutsche Schreckensherrschaft. Zu diesem Zweck veröffentlichte die englische 
Regierung ohne weiteres Aktenstücke, die ihr der amerikanische Botschafter in London 
über den Fall Cavell in Brüssel zur Verfügung gestellt hatte und die Angaben über 
den Schriftwechsel, der zwischen der amerikanischen Gesandtschaft in Brüssel und den 
dortigen deutschen Behörden über diesen Prozeß geführt worden ist, enthalten. „In 
diesen Aktenstücken sind," so stellt eine halbamtliche Mitteilung des „Wölfischen Büros" 
(26. X. 1915) fest, „die wichtigsten Vorgänge unzutreffend wiedergegeben. Insbesondere 
wird der Anschein erweckt, als ob die deutschen Behörden den amerikanischen Gesandten 
durch ihre Versprechungen hingehalten hätten, um ihm das ergangene Todesurteil zu 
verheimlichen und durch rasche Vollstreckung die Möglichkeit eines Eintretens für die 
Verurteilte zu nehmen. In einer ebenfalls veröffentlichten Erläuterung stellt Sir Edward 
Grey es als die schlimmste Tat der deutschen Behörden hin, das dem amerikanischen 
Gesandten gegebene Versprechen, ihn über den Verlauf des Prozesses ständig zu unter 
richten, nicht gehalten zu haben. 
Ein derartiges Versprechen ist aber von den deutschen Behörden nie gegeben worden, 
konnte also auch nicht gebrochen werden. Dies hat der amerikanische Gesandte in Brüssel 
bei einer Aussprache mit den deutschen Behörden selbst zugegeben. Die falsche Infor 
mation des amerikanischen Botschafters in London erklärt sich daraus, daß ein belgischer 
Advokat de Leval, der als Justitiar der amerikanischen Gesandtschaft in Brüssel in der 
Angelegenheit eine Rolle spielte, durch seine Berichte die irreführende Auffassung ver 
ursacht hat. Jedenfalls hat der amerikanische Gesandte erklärt, er sei von der Veröffent 
lichung peinlich berührt worden und er werde seinen Londoner Kollegen und seine 
Regierung sofort über die zwischen dem schriftlichen Bericht des belgischen Justitiars der 
Gesandtschaft und den Tatsachen bestehenden Verschiedenheiten aufklären." 
Nach einer weiteren Mitteilung der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" (10. XI. 
1915) „hat die deutsche Regierung durch ihren Botschafter in Washington auch die ameri 
kanische Regierung darauf aufmerksam machen lassen, daß die Angaben der englischen 
Veröffentlichung mit dem wahren Sachverhalt in Widerspruch stehen und wegen der in 
korrekten Berichterstattung des Herrn de Leval Vorstellungen erhoben. 
-Der amerikanische Gesandte in Brüssel, Herr Whitlock hat darauf im Aufträge der 
Regierung der Vereinigten Staaten der zuständigen Behörde in Brüssel mitgeteilt, daß
	        
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