Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

262 Belgien während des dritten Kriegshalbjahres 
gouverneurs über die Arbeitsscheu zustande, die dem Mißbrauch des Unterstützungs 
wesens ein Ende bereitete. Diese Verordnung bestimmt, daß jeder, der über seine Hilfs 
bedürftigkeit falsche Angaben macht, oder die Uebernahme einer seinem Leistungsvermögen 
entsprechenden Arbeit ohne hinreichenden Grund verweigert, bestraft wird. Alle Ge 
meinden oder Vereinigungen, welche derartigem Unfug Vorschub leisten, werden in ihren 
leitenden Personen verantwortlich gemacht. Für die Entscheidung der Strafsälle sind 
die belgischen Gerichte zuständig; die Geldbußen kommen dem belgischen Roten Kreuz 
zugute, womit der Beschuldigung die Spitze abgebrochen wird, daß die deutsche Ver 
waltung in eigenem Interesse handele. Eine Ergänzung findet diese Bekämpfung der 
Arbeitsscheu in der Verordnung über die Sicherstellung öffentlicher Arbeiten 
vom 25. August 1915. Darnach wird bestraft, wer „die Uebernahme oder die Fortsetzung 
einer im öffentlichen Interesse liegenden und von deutschen Behörden verlangten, seiner 
beruflichen Tätigkeit entsprechenden Arbeit ohne hinreichenden Grund verweigert." Be 
gründete Berufungen auf das Völkerrecht werden als hinreichender Grund anerkannt. 
Straffällig ist auch der Versuch, andere von solchen Arbeiten abzuhalten, und ganz be 
sonders der Versuch, durch Gewährung von Unterstützung die Arbeiter abspenstig zu 
machen. Für die Vergehen gegen diese Verordnung sind die deutschen Militärgerichte 
zuständig. Diese anscheinend in die individuelle Freiheit eingreifenden Maßnahmen 
werden durch die Tatsachen gerechtfertigt. Denn die Arbeitswilligen litten vielfach unter 
dem Terrorismus der „schwarzen Listen", die für den Gebrauch nach der noch immer 
erhofften Verjagung der Deutschen angefertigt wurden." 
Dagegen hat der Generalgouverneur am 14. September 1915 eine Verordnung er 
lassen, nach der jedermann bestraft wird, der es unternimmt, andere durch Aufstellung 
von Verrufslisten oder Androhung von Nachteilen oder durch ähnliche Mittel in 
ihrem Vermögen oder ihren Erwerbsmöglichkeiten deswegen zu schädigen, weil ste Deutsche 
find, mit Deutschen Beziehungen unterhalten oder eine deutschfreundliche Haltung zeigen. 
Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der aus einem der bezeichneten Gründe einen 
anderen beleidigt oder mißhandelt, oder der durch Androhung von Nachteilen oder durch 
ähnliche Mittel andere zu hindern sucht, eine deutschfreundliche Haltung zu zeigen. 
Schließlich sei noch die Verordnung des Generalgouverneurs vom 18. Januar 1916 
erwähnt, die für vorsätzliche Brandstiftung, vorsätzliche Verursachung einer Ueberschwem- 
mung oder eines Angriffes oder Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeord 
nete der deutschen Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und mit Waffen oder 
gefährlichen Werkzeugen die Todesstrafe und für die Verbreitnng falscher Gerüchte, so 
wie Anreizung und Aufforderung zum Aufruhr, zur tätlichen Widersetzlichkeit oder zur 
Gefangenenbefreiung eine Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren androht. 
Den Schwierigkeiten, die den deutschen Offizieren und Verwaltungsbeamten von der 
belgischen Bevölkerung bei der Miete von Privatwohnungen gemacht wurden, hat der 
Generalgouverneur Ansang Januar 1916 durch die Androhung der zwangweisen Ein 
quartierung in die Privathäuser zu begegnen versucht und auf eine Eingabe des Brüsseler 
Schöffenkollegiums, er möge von der angedrohten Maßnahme absehen, mit dem folgenden 
für die Volksstimmung (vgl. III, S. 237) charakteristischen offenen Brief geantwortet: 
„Die Haltung der Brüsseler Bevölkerung gegenüber der deutschen Garnison zeigt eine 
ungerechtfertigte Feindseligkeit auf allen Gebieten. Man verteilt und verkauft fort 
während in der Hauptstadt beleidigende Schriften, oftmals von obszönem Charakter, 
gegen die deutsche Verwaltung, und noch dazu unter den Augen der städtischen Polizei. 
Die deutschen Offiziere werden von der Bevölkerung auf offener Straße beschimpft, wie 
der Fall der Gräfin de Jonghe d'Ardoye und andere Beispiele der jüngsten Zeit be 
weisen. Die Brüsseler Bevölkerung leistet dem feindlichen Erkundigungswesen Vorschub,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.