Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

244 Die Ereignisse an der Westfront im dritten Kriegshalbjahr 
Ueber die Verluste der englischen und belgischen Armeen liegen keine derart zusammen 
fassenden Berichte vor. Die englischen Verluste an der Westfront zwischen dem 
25. September und dem 8. Oktober 1915 betrugen, wie der Parlamentsuntersekretär im 
englischen Kriegsamt, Tennant, in Beantwortung einer Anfrage im Unterhause mit 
geteilt hat, 2378 Offiziere und 57288 Mann, insgesamt also 59666 Mann. 
Diese englische Angabe über die eigenen Verluste deckt sich genau mit den Angaben 
im Berichte der deutschen Obersten Heeresleitung vom 3. Oktober 1915 (vgl. S. 99) 
der die englischen Verluste nach vorsichtiger Berechnung aus 60000 Mann einschätzte. 
Die Tatsache, daß die englischen Angaben die Zeit bis zum 8. Oktober umfassen, und 
der deutsche Bericht die Verlustzahl aber schon am 3. Oktober auf 60000 errechnete, 
erklärt sich dadurch, daß der englische Parlementsuntersekretär ohne Zweifel die Verluste an 
Farbigen außer Berechnung ließ, die der deutsche Bericht in seine Berechnung einbezieht. 
Der „Moniteur Belge" veröffentlichte laut „Kölnische Volkszeitung" (28. IX. 15) eine 
zweite Liste gefallener belgischer Soldaten, die 122 Offiziere und 1396 Mann 
umfaßt. Die erste Liste wies 236 Offiziere und 2640 Mann auf, sodaß sich ein Gesamt 
abgang an Toten allein von 358 Offizieren und 4036 Mann ergibt. Der Prozentsatz 
der Offiziere ist außerordentlich hoch und wird in dieser Ausdehnung (1:12) nur noch 
in der englischen Armee erreicht. 
Aus den besetzten Gebieten 
Die Franzosen im Elsaß 
Aus dem von den Franzosen besetzten deutschen Gebiete, das kaum 800 Quadratkilometer, 
also kaum Vio des Elsasses umfaßt, sickern, wie dem „Schwäbischen Merkur" (24. XI. 15) 
von einem Oberelsässer aus Straßburg geschrieben wurde, „immer wieder Nachrichten 
durch, die nur allzu deutlich zeigen, unter welch schwerem Joch die Wiedergewonnenen 
seufzen. Die gesamte Verwaltung ist nach dem Muster französischer Departements 
organisiert worden. Selbst die Zollbehörden sind ernannt und das Tabakmonopol ist 
ins Leben getreten. Der Steuerzettel bot überall, im Vergleich mit dem früheren deutschen, 
schmerzliche Ueberraschungen. Natürlich haben die Franzosen in dem eroberten Gebiet 
auch eine neue Zeitung „L’Alsace“ gegründet, die an Lügenhaftigkeit der französischen 
Boulevardpresse nicht nachsteht. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht haben die Annektierten 
viel zu klagen; so fehlt es den Landwirten nach einem Bericht des „Elsässer" an Dresch 
maschinen, aber auch an Heizmaterial, da jedes Betreten der Wälder verboten ist." 
Auf Wunsch der von der französischen Militärbehörde eingesetzten Lehrer (vgl. VII, 
S. 243) veranlaßte der französische Unterrichtsminister am 12. November 1915 eine 
Prüfung zur Feststellung der bisher geleisteten Schularbeit, an der sich jedoch nur elf 
Kandidaten und Kandidatinnen beteiligten. Das Aufsatzthema dieser Prüflinge lautete: 
„Beschreibt euer heimatliches Dorf und sagt, warum eure kleine Heimat dem Herzen 
jedes Franzosen so teuer ist." „Natürlich bestanden," nach einer Straßburger Mitteilung 
des „Schwäbischen Merkur" (4.1. 16), „sämtliche Prüflinge glänzend. Und nachher hielt 
der Rektor der Akademie von BesanHvn eine Rede, in der er auf die Bedeutsamkeit dieses 
Examens für die Zukunft hinwies, an dem ganze elf Kandidaten teilgenommen, das die 
Franzosen aber zu einer Haupt- und Staatsaktion aufgebauscht hatten." 
An der Unzufriedenheit der Mehrzahl der Bevölkerung der von den Franzosen besetzten 
Gebiete des Oberelsaß haben auch die Besuche des französischen Präsidenten (vgl. S. 220) 
nicht viel zu ändern vermocht. Und die Erklärung des Generalissimus Joffre in Thann, 
er bringe den zu befreienden elsässischen Brüdern „le baiser de la France“ mag von den 
annektierten Elsässern mit recht gemischten Gefühlen ausgenommen worden sein.
	        
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