Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

164 Die Ereignisse an der Ostfront nach der Wiedereroberung von Przemysl 
des seuerbestrichenen Flusses geht's bis an die Hüsten hinein und hindurch, dann gibts 
harte Arbeit. So mancher brave Offizier und Mann blieb in den riesigen Stacheldraht 
hindernissen dort todeswund hängen, aber weiter ging's durch die gehauenen und ge 
schnittenen Lücken. Die gesamte deutsche Artillerie hat ihr Feuer hinter den Rücken 
des Feindes gelegt, um nicht eigene Truppen zu gefährden, die eigenen Truppen, die jetzt 
mit Hurra in den Feind hineinsausen und ihn zu ebenso sausender Flucht zwingen. Die 
gefangenen Russen haben nachher gesagt, wir müßten alle betrunken gewesen sein, sonst 
wäre solches Stürmen nicht möglich gewesen. Wir aber waren tiefernst, wohl bewußt 
der schweren kommenden Arbeit zu diesem Sturm geschritten — und so etwas können 
die entnervten Russen jetzt schon nicht mehr begreifen. 
Aber Schweres stand noch bevor. Das Nehmen einer festen Kirchhofsstellung und der 
anschließenden Bodenwellen, wo eine weitere Stellung die Russen aufnahm. Wieder, 
nachdem uns die flammenumglutete Mitternachtsstunde den Kirchhof in die stürmende 
Hand gegeben hatte, brüllte nun die gesamte Artillerie, jene Stellung so überschüttend, 
daß sogar eines unserer schweren Geschütze sprang, einen ehrenvollen Heldentod 
sterbend. Am 19. Juli, vormittags 11 Uhr, war dann der Feind erschüttert, und nun 
ging die Breslau-Brieger Landwehr wie beim Kaisermanöver vor in langen, wohlgeord 
neten Linien. Acht Maschinengewehre, darunter zwei seinerzeit erbeutete russische, schleu 
derten dem Feind ihren Feuersegen entgegen und begleiteten den Angriff. Dasselbe tat 
eine Feldbatterie. Da jagte der Feind unter Zurücklassung von reichlichem Materal, 
Gepäck und Munition aus seiner Stellung heraus. Ihm nach Schützen, Maschinen 
gewehre, Geschütze. Der weite polnische Wald nahm die Zerrütteten auf. Sie hatten 
brav gekämpft, denn der schlesischen Landwehr hatten Elitetruppen gegenübergestanden: 
das stolze Moskauer Grenadierkorps. Dem schlesischen, von der Katzbach her berühmten 
Landwehrsturm waren sie doch nicht gewachsen. Noch einmal ein Kämpfen in Teil- 
gesechten am 21. Juli, dann fanden wir eine überaus starke, lange, ausgebaute letzte 
Stellung des Feindes, geeignet, uns wochenlang aufzuhalten, unbesetzt, verlassen vor. 
Ein Rätsel. Die entnervte und gehetzte feindliche Truppe hatte selbst die berühmte 
russische Defensivkraft verloren. Die Weichselfestungslinie war auch hier erreicht. 
Die Verluste des Feindes waren furchtbar; die Sucht, seine Artillerie zu retten, ließ 
die russische Infanterie meist ohne Artillerieunterstützung in dem Augenblick, wo sie am 
nötigsten war: bei Abwehr des Sturmes. Allein bei dem von uns erreichten 1800« 
Meter-Durchbruch wurden 850 Gefangene und ein Maschinengewehr auf enger Durch 
bruchsstelle erbeutet und von dem dort kämpfenden Regiment zurückgeführt. Die Gesamt 
beute und Gefangenenzahl aller Durchbruchsstellen mag viele Zehntausende erreichen. 
Während früher die russischen Offiziere sich der Gefangenschaft immer zu entziehen 
wußten, lieferten die letzten Durchbrüche sie zahlreich in unsere Hände. Nie armata 
(keine Geschütze mehr) gab der eine, polnischsprechende Offizier als Grund der russischen 
Niederlagen an. Allgemeine Entnervung scheint mehr der Grund zu sein." 
Unterdessen hatten siebenbürgische Regimenter des linken Flügels der Armeeabteilung 
Woyrsch am 20. Juli Radom besetzt und die Russen in den folgenden Tagen gegen die 
Weichsel unterhalb Jwangorod zurückgedrängt, und am Abend des 21. Juli standen die 
Verbündeten bereits im Schußbereich der Forts von Jwangorod; die Schiffbrücke von 
Nowo-Alexandria, eine wichtige Rückzugslinie der Russen, wurde von deutscher Artillerie 
beschossen. Dann trat eine Pause in den Unternehmungen ein zu Vorbereitungen der 
endgültigen Einschließung und Besetzung Jwangorods. 
Die Truppen der Armeeabteilung hatten Außerordentliches geleistet, was der Chef des 
deutschen Großen Generalstabs, General v. Falkenhayn, im Auftrag des Kaisers in einem 
Glückwunschtelegramm an Generaloberst v. Woyrsch mit besonderer Anerkennung hervor-
	        
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