Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

210 D i e Ereignisse an der We st front im dritten Kriegshalbjahr 
besuchte, stand ein Mann da, der wieder an die Front gehen sollte; seine Wangen aber 
waren blaß. „Möchtest wohl gerne nach Hause, mein Junge?" fragte der Kaiser, und 
schon im nächsten Moment diktierte er: „Drei Wochen Urlaub!" 
In einem Lazarett in Belgien betrat der Kaiser den Operationssaal, als ein Schwer- 
verwundeter eben aus der Narkose erwachte. Dieser erkannte den Kaiser, in seine Augen 
kam Leben, ein stilles Lächeln zog über sein Antlitz, über seine Lippen hauchte es: 
„Hurra, der Kaiser!" Der Kaiser trat näher und streichelte ihm die Wangen. „Bleib 
ganz ruhig, mein lieber Sohn," kam es leise über seine Lippen. Er konnte sich der er 
schütternden Szene ebensowenig entziehen, wie die Aerzte und die Schwestern. Dann 
verließ er leise den Operationsraum. Den Soldaten aber vergaß er nicht, und als ihm 
dessen fortschreitende Besserung gemeldet wurde, sandte er ihm das Eiserne Kreuz und 
die Beförderung." 
Kaisers Geburtstag im Großen Hauptquartier 
Die Feier von Kaisers Geburtstag fand wie überall an der Front, so auch im 
Großen Hauptquartier in ganz schlichter, aber würdiger Form statt. „Am frühen 
Morgen durchzog," wie W. Scheuermann den „Leipziger Neuesten Nachrichten" 
(29. I. 16) berichtete, „zum Wecken die Musik eines Landsturmbataillons die Haupt 
straßen des schlafenden Städtchens. Unter Teilnahme der Spitzen aller Formationen 
des Großen Hauptquartiers und unter ungeheurem Andränge sämtlicher dienst 
freien Mannschaften, Beamtenstäbe usw. wurde ein großer Feldgottesdienst abgehalten, 
bei dem der Oberfeldgeistliche des Westheeres auf die Bedeutung des zweiten Kriegs 
geburtstages des deutschen Friedenskaisers hinwies, dessen aus den Zwang der Feinde 
deutscher Arbeit und Tüchtigkeit gezogenes Schwert der Herr der Heerscharen in West 
und Ost und im fernen Südost so sichtbarlich mit Sieg zu des Vaterlandes Ruhm und 
Ruhe gesegnet habe. Während der Mittagsstunde spielte eine Militärkapelle aus dem 
größten öffentlichen Platze, wobei sich im Gegensatz zu früheren Gelegenheiten eine be 
trächtliche Zahl von Landesbewohnern unter der Zuhörerschaft zeigte. Da die in deut 
scher Leitung befindlichen Betriebe alle feierten, so entwickelte sich am Nachmittag aus 
den sogenannten „Boulevards" der übliche französische Sonntagskorso; bunt gemischt 
zwischen den einheimischen Spaziergängern wogten bei dem srühlingshaft milden Wetter 
die Gruppen deutscher Feldgrauer aller Waffengattungen durch die Straßen. Für die 
Offizierkorps und Mannschaften aller Truppen sind in einer Reihe festlich geschmückter 
Säle eigene Feiern abgehalten worden." 
Vom deutschen Heer an der Westfront 
Von den Mannschaften 
Noch besser gegen die Unbilden der Witterung geschützt als im Winter 1914/1915, 
sind die deutschen Soldaten in den zweiten Winterfeldzug 1915/1916 eingetreten. „Die 
Erfahrungen des ersten Winterfeldzuges, für den Deutschland schon musterhaft gerüstet 
war, haben," wie Julius Hirsch im „Stuttgarter Neuen Tagblatt" (4. XII. 15) be 
richtete, „allen leitenden Stellen des deutschen Heeres, von der Obersten Heeresleitung 
bis zum Kompaniekommandanten Winke gegeben, wie man es den Soldaten in den vor 
dersten Stellungen noch leichter und erträglicher machen könne, einen harten Winter in 
Behausungen zu ertragen, an die bisher nur unkultivierte Völker gewöhnt waren. 
Die Kleidung der Soldaten, d. h. der Stoff, aus dem die Uniformen gefertigt sind, 
hatte sich schon im vorigen Winter als vollkommen einwandftei erwiesen. Auch mit dem 
Schuhwerk war man ganz zufrieden, und wenn der Soldat über den warmen Wollsocken 
noch Papiersocken trug, war er auch gegen heftigere Kälte geschützt. Auch Papierwesten
	        
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