Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Vom Luftkampf beiderseits der Westfront 199 
Der Zeppelin-Angriff aus Paris 
in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1916 
Ueber den ersten Zeppelin-Angriff, der in der Nacht vom Samstag aus den Sonntag, 
vom 29. auf den 30. Januar erfolgte, hat das französische Unterstaatssekretariat für 
das Flugwesen, wohl zur Beruhigung der über die erfolglose Verteidigung stark er 
regten Bevölkerung, folgenden Bericht veröffentlicht: „Sobald das Nahen eines Zeppelins 
gegen Paris gemeldet war, begab sich der Unterstaatssekretär für das Flugwesen, Besnard, 
begleitet von seinem Kabinettsches, Oberstleutnant Meyer, nach Le Bourget, nordöstlich 
von Paris, um sich selbst von der Führung unserer Fliegergeschwader Rechenschaft zu 
geben. Von da ab wurde er von allem, was vor sich ging, auf dem laufenden gehalten. Das 
deutsche Luftschiff wurde über La Fertö-Milon in der Fahrt auf Paris zu längs des Tales 
der Marne um 9 Uhr 21 Minuten abends gemeldet. Mehrere Horchposten hatten bereits 
Alarmsignal gegeben. Als der Luftkreuzer über Paris erschien, durchsuchten deshalb auch 
unsere Flieger schon seit Z U Stunden den Himmel nach allen Richtungen. Zum Unglück 
herrschte in dieser Nacht ein dichter Nebel, oder genauer gesagt, dichtes Gewölk, das 
700 bis 800 Meter über der Erde einen undurchdringlichen Vorhang bildete. Das Luft 
schiff flog in sehr großer Höhe, 3 bis 4000 Meter. Unsere Scheinwerfer hätten es in der 
Dunkelheit entdecken können, ihre Strahlen vermochten aber nicht die dichte Wolkenlage 
zu durchdringen. 
Die zur Verteidigung von Paris bestimmten Flieger sind aus mehrere Abschnitte 
verteilt. Darunter ist zu verstehen, daß jeder von ihnen im Falle der Alarmierung 
eine bestimmte Zone hat, deren Ueberwachung er in vorgeschriebener Höhe zu sichern 
hat. Damit ein erfolgreicher Kamps gegen den Luftkreuzer hätte unternommen werden 
können, wäre es notwendig gewesen, daß es den Fliegern aller Abschnitte gelang, 
ihre Konzentration um ihn auszuführen. Da sie ihn aber nicht sahen, so flogen sie alle 
aufs Geratewohl in die Nacht hinein. Der Zeppelin wurde von fünf oder sechs Fliegern 
bemerkt, deren Abschnitt er durchflog. Diese versuchten ihn zu erreichen. Mehrere mit 
Geschützen ausgerüstete Flugzeuge richteten auch ihr Feuer gegen ihn. Es ist möglich, 
daß eines ihrer Geschosse ihn getroffen hat. Sicher ist die Tatsache, daß der Zeppelin 
seine Bomben aufs Geratewohl warf, ohne eine Ahnung zu haben, wo sie niedergingen. 
In der Höhe, worin er flog, über dem Wolkenmeer, war es ihm unmöglich — alle Flieger 
haben dies ausdrücklich versichert —, selbst den Leuchtschein zu bemerken, der von Paris 
ausgeht. Als er schätzte, über Paris zu sein, entledigte er sich in Eile seiner Geschosse, 
und flog mit größter Geschwindigkeit davon. Man kann seine Geschwindigkeit auf 110 
Kilometer die Stunde einschätzen und sein Verweilen über Paris auf kaum mehr als eine 
Minute. Seine Bomben sind alle in einem engen Umkreis gefallen, der nicht mehr als 
ein Kilometer beträgt. Einer unserer Flieger konnte dem Ungeheuer sehr nahe kommen. 
Er sah ihn in der Richtung fliehen, von wo er gekommen war. Er nahm die Verfolgung 
mit bemerkenswertem Mute 53 Minuten lang aus und hörte nicht aus, ihn mit seinem 
Maschinengewehr zu beschießen. Das ist eine herrliche, individuelle Tat. Bedauerlich 
ist nur, daß nur ein einziger Flieger sie vollbringen konnte. Wenn der Zeppelin mit 
einer größeren Zahl ebenso entschlossener Flieger zu tun gehabt hätte, wäre er nicht so 
billig davongekommen. Aber wie schon gesagt, die atmosphärischen Verhältnisse machten 
es den Fliegern durchaus unmöglich, den Feind gewahr zu werden. Die Pariser Bevölkerung 
muß aber wissen, daß sie alle ihre Pflicht getan haben, daß sie alle auf ihrem Posten waren 
im Augenblick des Alarms, und pünktlich die ihnen anvertraute Aufgabe erfüllt haben." 
Die Wirkungen des Luftangriffes in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1916 hat 
der „Matin" (31.1.16) in einem längeren Bericht besonders anschaulich geschildert. Nach 
einer Einleitung, in der die deutschen Luftangriffe als Piratenhandlungen, die Angriffe der
	        
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