Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Kämpfe an der Westfront nach der franz.-engl. Herbstoffensive bis zur Verdun-Schlacht 153 
21. Februar 1916. 
Nördlich von Dpern wurde ein englischer Handgranatenangriff gegen unsere neue Stellung am 
Kanal abgewiesen. Südlich von Loos mußte sich der Feind von unserer Trichterstellung wieder zurück 
ziehen. An der Straße Lens —Ar ras griff er vergeblich an. 
Unsere Flugzeuggeschwader griffen mit vielfach beobachtetem gutem Erfolg rückwärtige feindliche 
Anlagen, unter anderem in Furnes, Poperinghe, Amiens und Luneville an. 
Meldung des Admiral st abs der deutschen Marine: Marineflugzeuge belegten am 
20. Februar den Flugplatz und das Truppenlager von Furnes (südöstlich von La Panne) ausgiebig 
mit Bomben. Die Flugzeuge sind unversehrt zurückgekehrt. 
Die Befestigungen der belgischen Küste bis zum rechten Flügelmann 
der deutschen Westfront 
Von der gesamten belgischen Küste, die etwa 65 Kilometer lang ist, halten deutsche 
Marinetruppen etwa 50 Kilometer besetzt (vgl. S. 19). „Meilenweit ziehen stch die Be 
festigungen hin, die natürlichen und künstlichen, Dünen, Gräben und Wälle," berichtet 
Eugen Kalkschmidt der „Frankfurter Zeitung" (29. XII. 15). „Vor den eleganten steinernen 
Promenaden der internationalen Bäder machen sie nicht Halt. Die Terrassen sind von 
Schützengräben zerfurcht, die eisernen Geländer durch Stacheldraht befestigt, Schein 
werfer und Geschütze sind seewärts gerichtet, und wo die Kinder während der Ebbe 
Muscheln und Krebse am Strande suchten, schaufeln belgische Arbeiter den ange 
schwemmten Sand aus dem Drahtverhau. Spukhaft, mit öden Fensterhöhlen stieren die 
Hotelpaläste aus die lebendige Weite des Meeres. Ostende, dieses irrsinnige Produkt 
fürchterlichster Großstadtprotzerei, steht mit seinen leeren Strandpalästen da wie ein ver 
steinerter Katzenjammer jener Welt, die aus der Langeweile eine vornehme Beschäfti 
gung macht. Die englischen 30 Zentimeter-Schiffskanonen haben zwar diese ergiebige 
Kapitalsanlage englischer und anderer Kultursörderer bisher beharrlich verschont. Auch 
die maurische Theatersassade des Kursaals steht mit verschalten Fenstern trübselig, aber 
doch ziemlich unversehrt da wie einst. 
Middelkerke — die Zerstörung beginnt; Westende-Bad — hier steht fast kein 
Haus mehr, das nicht seinen Treffer hätte. Dieser Kursaal ist der reinste Kugelfang 
geworden, und jener luxuriöse Hotelneubau hat sich noch vor seiner ersten Saison zur 
romantischen Brandruine entwickelt. Diese auf Glanz hergerichteten Großstadtvillen 
scheinen beim bloßen Knall der Granaten umgepurzelt zu sein wie die Kartenhäuser... 
Der Laufgraben dieser Seestellung hat schon sein besonderes Gesicht. Er führt 
durch Ruinen, Höfe, tiefe Mulden, und er ist, wenn ich so sagen darf, ein vornehmer 
Laufgraben. Zunächst einmal führt er durch eine Art Tunnel, man durchschreitet sogar 
eine Auto-Garage, man schreitet ebenmäßig auf Brettern dahin, die in einem Abschnitt 
gerade säuberlich mit einem Besen gekehrt wurden. Aus gewissen Strecken ist der Graben 
überdacht, seine Wände sind mit unzähligen lackierten Türen aus den Trümmern West 
endes versteift und gegen den Flugsand geschützt. Er windet und krümmt stch wie ein 
Aal, er verzweigt sich immer mannigfaltiger, je weiter man nach vorn kommt. Die 
Dünen wachsen in die Länge, Höhe und Breite, hie und da merkt nian an den 
zackig zerrissenen Kämmen die Spuren der Beschießung, die der Wind im übrigen rasch 
verweht. In den Mulden da und dort ein kleiner Friedhof, oder, in der Einsamkeit 
verloren, ein schlichtes Einzelgrab .. . 
Wir sind, nach stundenlanger Wanderung, bis ganz nach vorn gelangt und schauen 
zur Mole von Nieuport hinüber. Unsere Seestellung macht hier einen Knick ins Land 
hinein, die Westfront beginnt und ihr rechter Flügelmann, heute für zwei Stunden 
lang ein blonder junger Bursch, steht im Bewußtsein seines Wertes schmunzelnd neben mir.
	        
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