Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

114 Die Ereigniss e an der We st front im d ritten Kriegshalbjahr 
Weniger glücklich war der, von der französischen Presse als ein den Zeppelinen gleich 
wertiger „Ballon dirigeable" angekündigte französische Ballon „Alsace", der am 1. Oktober 
1915 bei seinem Probeflug über Paris das Herz der Pariser Bevölkerung aufjauchzen ließ 
und als Nachtschwärmer hinter der deutschen Front auch einiges Unheil angerichtet hatte. 
Aber schon in der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1915 aus der Fahrt Vouziers—Rethel 
erreichte ihn sein Verhängnis. Nach dem Bericht von Dr. Max Osborn an die „Vosstsche 
Zeitung" (6. L. 1915), hatten Scheinwerfer die „Alsace" gegen 10 Uhr abends südlich 
Rethel entdeckt; deutsche Abwehrgeschütze trafen die Mitte der Ballonhülle, worauf 
die „Alsace" langsam sank. Die acht Mann der Besatzung wollten sich durch Abspringen 
retten. Zuerst sprangen drei ab, wovon einer tödlich verunglückte; die beiden andern 
blieben unversehrt, wurden jedoch entdeckt und gefangen. Später sprangen die übrigen 
fünf ab, darunter drei Offiziere. Alle blieben unverletzt. Sie irrten die ganze Nacht 
umher und wurden morgens gefangen genommen. Die „Alsace" schwebte führerlos eine 
Zeitlang dicht über dem Erdboden, bis sie sich zwischen den Dörfern Perthes-le-Chalet 
und Tagnon in einem Tannengehölz verfing. Das riesige Luftschiff hatte kleinere Bäume 
wie Gerten zur Seite gebogen und geknickt, oder entwurzelt. Von den Maschinen und 
Apparaten war manches noch gut erhalten. 
Die „Alsace," eines der neuesten Luftschiffe der französischen Heeresverwaltung, war nach 
dem „Berliner Tageblatt" (4. X. 1915), schon vor Ausbruch des Krieges bei der bekannten 
Automobilfirma Clement Bayard in Auftrag gegeben, aber erst während des Krieges fertiggestellt 
worden. Es hatte einen Gesamtinhalt von 23000 Kubikmetern. Seine Länge betrug 130 Meter, 
der größte Durchmesser 19 Meter, die Gesamthöhe 23 Meter. Der Antrieb des Luftschiffes wurde 
durch vier Motoren von je 250 PS. besorgt. Die Steighöhe soll bei den Probefahrten über 
3000 Meter betragen haben. Die Bemannung bestand aus zwölf Personen. Die kriegsmäßige Be 
lastung betrug außer Benzin und Oel 3000 Kilogramm. Die „Alsace" hatte die bekannte Form der 
nach vorn verdickten Zigarre, die sich nach hinten verjüngt und war, wie alle französischen Militär- 
luftschiffe, nach dem halbstarren System erbaut, d. h. es besaß im Innern der Ballonhülle keine Ver 
steifungen aus Holz und Aluminium. Die Gondel mit dem Kielgerüst ist durch Drahtseile und Gurte 
außen an der Hülle befestigt gewesen. Der Antrieb der vier Luftschrauben erfolgte durch je einen 
der parallel zueinander gelagerten Motoren, wobei sämtliche vier Schrauben — im Gegensatz zu 
den deutschen Luftschiffen — nur einen Zug ausübten. Die Steuerung des Ballons, der wie alle 
Luftschiffe der Firma Clement Bayard ein schnelles Fahrzeug war, erfolgte durch ein am Ende des Kiel 
gerüstes angebrachtes, großes Höhensteuer, während die horizontale Steuerung durch drei vor dem 
Seitensteuer angeordnete große Flächen ausgeübt wurde, die auch zugleich die Stabilisation des Luft 
schiffes bewirkten. 
Episoden 
Die Pioniere bei La Bassee 
Ueber eine Heldentat der 1. Feldkompanie eines Pionierbataillons im Kampfe am 
25. September 1915 in der Gegend von La Bassse berichtet der Feldbrief eines be 
teiligten Pioniers, der der „Kölnischen Volkszeitung" zur Verfügung gestellt wurde: 
„Bereits um drei Uhr früh mußten wir antreten, um weitere Befehle zu erwarten. Es 
war eine tolle Knallerei da draußen. Schwere gelbe dicke Granaten surrten über unseren 
Ort hinweg. Die Luft war voll von englischen Fliegern. Bald bekamen wir Nebel- 
und Gasgranaten, so daß innerhalb einer halben Stunde das Gelände eine Gas- und 
Nebelwolke war. 
Erst gegen sieben Uhr sollten wir 40 Mann von unserer Kompanie losgehen. Wir 
erfuhren, daß die Engländer angegriffen und einige Stellungen erstürmt hatten und er 
hielten den Befehl, die Stellungen mit Handgranaten wieder zu nehmen. In Eilmärschen 
gelangten wir in die Laufgräben. Die Tommys schossen wie toll, aber auch unsere 
brave Artillerie schwieg nicht, eine Salve folgte der andern. Unser tapferer Leutnant
	        
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