Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

110 Die Ereignisse an der We st front im dritten Kriegshalbjahr 
zu gewinnen und den Gegner zu überfliegen. Als er sich über ihm befand, stürzte er 
sich im plötzlichen Gleitflug auf ihn, und sein Maschinengewehr knatterte. Der Franzose 
begann zu schwanken, bald rechts, bald links zu kippen, ein weißes Wölkchen wurde 
unmittelbar über ihm sichtbar; plötzlich zerbarst der Apparat und stürzte senkrecht in 
die Tiefe. Er fiel bereits im Bereich der deutschen Linien zu Boden. Der Apparat 
war vollkommen zersplittert, der Chronometer aber bis zuletzt im Gang geblieben. Bei der 
Untersuchung der Trümmer und der Leichen stellte es sich heraus, daß der Führer des 
Flugzeuges der Artilleriekapitän Gallier gewesen, den ein Schuß in die Brust getötet 
hatte. Der Begleiter war Leutnant Le Galle. Ein Schuß in den Benzinbehälter hatte 
diesen anscheinend zur Explosion und das Flugzeug zu Fall gebracht. Bei den Papieren 
der Offiziere fanden sich unter anderem auch 4500 Franken, die ihren Familien zurück 
erstattet wurden. 
Die Sieger, die vor den Augen beider Armeen sich als Meister gezeigt, waren 
Gefreiter Tuy als Flugzeugführer und Oberleutnant Kranz als Beobachter, der das 
Maschinengewehr handhabte." 
Einen anderen Lustkampf gleichfalls in der Champagne schildert der „Matin" nach der 
Uebersetzung der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" (19. X. 15) folgendermaßen: „In 
der Absicht, einen Bahnhof mit Bomben zu belegen, hatte eines unserer Flugzeuge die fran 
zösischen Linien verlassen, beladen mit einigen 90-Millimetergranaten. Der Wind hinderte 
das Fortkommen. Plötzlich tauchte in den Wolken ein außerordentlich rasch sich nähender 
deutscher Kampfflieger auf, dessen Motorengesurr laut hörbar wurde. Gleich entspann 
sich ein Kampf: Die Maschinengewehre spielten, und die Kugeln kreuzten sich. Auf 
einmal versagte das französische Maschinengewehr. „Schnell davon," schrie der Be 
obachter dem ruhig steuerndern Flieger zu, und schon tauchte der Apparat reißend 
schnell nach unten. Aber der Gegner war nicht weniger bei der Hand: er führte eine 
entsprechende Bewegung aus und kreiste gleich wieder um den französischen Apparat, 
der auch durch die Ladung in seinen Bewegungen behindert war. Einen Augenblick 
verteidigte sich der Beobachter mit seinem Karabiner, doch plötzlich schoß ihm der 
Gedanke durch den Kopf, daß bei der gefährlichen Ladung eine Landung höchst un 
glücklich werden müßte. Mit bewundernswerter Kaltblütigkeit entledigte er sich darum 
zunächst der Bomben, und gerade hatte er die letzte fallen lassen, als ein Schlag in den 
Rücken ihm sagte, daß er getroffen war. Gleich darauf erhielt er eine zweite Verletzung 
am Handgelenk und einen Schraubensplitter ins Auge. Dennoch hielt er sich aufrecht, 
während der Führer die Maschine mit allen Kräften laufen ließ. Doch unerwartet 
auch bei ihm ein Zusammenzucken: „Ich bin verwundet ... ein Bauchschuß!" schrie 
er inmitten des Getöses. Der Augenblick war entsetzlich. . . Man sah jetzt vom 
Boden das Blitzen von Helmen. — „Müssen wir mitten in die feindlichen Linien 
fallen?" „Nein", rief der Flieger noch, bevor sich seine Augen schlossen, das sind 
französische Helme. . ." Bei diesen Worten entriß der Beobachter mit einem heftigen 
Ruck seinem Begleiter das Steuer, und der Apparat stürzte unmittelbar in die franzö 
sische Linie. Unsere Leute glaubten sicher, aus den Trümmern zwei Leichen heraus 
ziehen zu können; aber schon erhob sich der Beobachter und lehnte sogar jede Hilfe ab. 
Was den Flieger anlangt, so hat er sich von seiner schweren Verletzung bereits wieder 
so weit erholt, daß er wenigstens außer Lebensgefahr ist. Beide wurden zur Ehren 
legion vorgeschlagen." Das Lob des „Matin" gilt, wie die „Norddeutsche All 
gemeine Zeitung" beifügt, natürlich den französischen Fliegern; aber auch diese Schil 
derung zeigt, mit welchem Schneid und Geschick der deutsche Kampfflieger vorging. 
Der Oberleutnant in einer Fliegerabteilung im Westen, Julius Bielitz, war nach 
seinen eigenen im „Berliner Lokal-Anzeiger" (23. IX. 1915) veröffentlichten Angaben
	        
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