Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Die Kämpfe an der Westfront während der großen englifch-französischen Herbstoffensive 109 
Vom Luftkampf 
Im dritten Kriegshalbjahre hat der Luftkrieg auf dem westlichen Kriegsschauplatz 
wesentlich zugenommen, vor allem weil die Franzosen, nachdem eine neue Persönlichkeit 
an die Spitze des Militärflugwesens getreten war, ein neues System anwandten, um, 
nach den Mitteilungen in den Kammern, „die Entscheidung im Luftkrieg zu erzwingen." 
Wie Major a. D. E. Moraht im „Berliner Tageblatt" (25.1.16) ausführte, wurden 
die französtschen Flugunternehmungen jetzt „nicht mehr von einzelnen Fliegern oder 
von Fliegerpaaren ausgeführt, sondern von Fliegergeschwadern, etwa in dem 
Sinne, wie der bekannte Major Driant in seinem phantasievollen, vor dem Krieg ge 
schriebenen Buche (La Giierre fatale) es sich gedacht hat. Aber bei den Zusammenstößen, die 
einzelne Flieger und französische Fliegergeschwader mit deutschen Kampffahrzeugen hatten, 
zogen die Feinde doch in den weitaus meisten Fällen den Kürzeren. Immer kühner wurden 
die deutschen Unternehmungen, und was vorher von einzelnen, besonders veranlagten 
Fliegeroffizieren geleistet wurde, konnte jetzt einer ganzen Anzahl tüchtiger Flieger und 
Beobachter auf dauerhaften und wendigen Fahrzeugen zugemutet werden. Es steht 
fest, daß aus der französtschen Ueberlegenheit in den Jahren 1911 bis 1914 im Jahre 
1915 eine Unterlegenheit geworden ist. Daran ändert nichts der gelegentliche Erfolg 
einzelner feindlicher Fliegergeschwader, denen man ja den Mut nicht absprechen kann 
und will, deren Maschinen aber offenbar an Güte und Leistungsfähigkeit hinter den 
deutschen zurückbleiben." 
Ebenso steht es mit England, wo man sich noch im Ansang des Krieges dem fest 
ländischen Fliegerbetrieb völlig gewachsen fühlte. Aber bald ertönte auch hier der Ruf 
nach Abhilfe gegen die deutsche Ueberlegenheit, die, wie die von der Front zurückkehrenden 
englischen Flieger auch hier einstimmig bestätigten, durch die besseren Maschinen der 
deutschen Flugzeuge bedingt ist. 
Von den zahlreichen Schilderungen spannender Lustkämpfe seien einige besonders charakte 
ristische hier wiedererzählt. So schreibt die „Champagne-Kriegszeitung" (IX. 1915): „Die 
Flugzeuge, in ihrer Form meisterhaft den Vögeln nachgebildet, gleichen auch in ihrer 
Kampfart solchen, etwa Sperbern, edlen Raubvögeln, wenn zwei von ihnen sich in der 
Luft begegnen. Alle Eigenarten und Künste des Vogelkampfes haben sich die Flieger 
anzueignen versucht und in unermüdlichen Uebungen ausgebildet. Diese Zweikämpfe, 
hoch über dem großen Schlachtfeld, seinen Maulwurfsarbeiten und seinem Pulver- 
dampf, in reiner Atmosphäre, wo jeder nur auf seine persönlichen Kräfte und Künste 
angewiesen ist, haben in ihrer Schönheit und Ritterlichkeit etwas von dem Edelsinn und 
der Romantik alter Zeiten in diesen Krieg der Massen und Maschinen hinübergerettet. 
Solch eigenartigen Kampf sahen wir am Abend des 7. September 1915 im Bereich unserer 
Armeegruppe. Ein deutsches Flugzeug, das seine Erkundungsfahrt beendet und während 
des Tages schon verschiedene Luftgefechte überstanden, wurde auf seinem Heimweg noch 
von einem französtschen Doppeldecker, einem gerüsteten Kampfflugzeug, angefallen, im Augen 
blick, als es die französische Front passieren wollte. In einer Höhe von 1600 Metern 
kam der Franzose auf ihn zu, und mit Maschinengewehrseuer wurde der Kampf von 
beiden Teilen aufgenommen. Die Abwehrgeschütze mußten schweigen, da es unmöglich 
wurde, den Feind zu beschießen, ohne den eigenen Flieger zu gefährden; nur mit 
Blicken und Wünschen konnten die Truppen Anteil an dem Kampfe in den Lüften 
nehmen. Die blitzenden Vögel näherten und entfernten sich voneinander in geschickten 
Kurven, dem gegenseitigen Maschinengewehrfeuer auszuweichen, und durch spiralför 
miges Aufwärtssteigen suchte jeder den anderen zu überfliegen, um von oben herab 
den wirkungsvollsten Angriff zu unternehmen. Nach längerem Manövrieren, das 
die glänzende Beherrschung der Waffe zeigte, gelang es dem Deutschen, den Vorteil
	        
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