Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

100 Die Ereignisse an der West fron tim dritten Kriegshalbjahr 
Die Wiederaufnahme der Offensive durch die Engländer im Raume zwischen 
Ppern und LooS 
Am 13. Oktober 1915 
Für den englischen Angriff aus der breiten Front Ipern-Loos am 13. Oktober 1915 
waren viel größere Streitkräfte bereitgestellt als am 25. September. Nach Mitteilungen 
britischer Offiziere sollen allein 300000 Mann in Reserve aus den Befehl gewartet haben, 
in die geschlagene Bresche einzudringen. Man glaubte des Erfolges so sicher zu sein, 
daß die Sturmkolonnen durchweg aus weißen Soldaten zusammengestellt worden waren; 
infolgedessen erlitten die europäischen Truppen diesmal verhältnismäßig viel stärkere 
Verluste als bei den Septemberangriffen bei Loos. 
Dem Angriff ging am 12. Oktober ein heftiges Störungs- und Streufeuer voraus, 
das sich am 13. Oktober teilweise zum Trommelfeuer steigerte, aber nicht die Heftigkeit 
des Granatenhagels vom September erreichte. Dann wälzten sich auf der ganzen Front 
Nebelschwaden giftiger Gase gegen die deutsche Front, und um 2 Uhr setzte der Angriff 
ein, nördlich des Kanals von La Bassöe bis gegen Ipern nur matt, weil die Engländer 
stellenweise gar nicht aus den Gräben zu bringen waren und an einigen Stellen die 
Gaswellen in die eigenen Linien zurückfluteten, südlich des Kanals von La Bassee bis 
Loos mit großer Energie in immer neu vordringenden Wellen. Doch brach auch hier 
der Ansturm in deutschem Feuer vollständig zusammen. Nur in einzelnen Gräben südlich 
der Hohenzollernschanze hatten die Engländer vorübergehend Fuß zu fassen vermocht, 
wurden jedoch in hartnäckigen Handgranatenkämpsen auch daraus wieder vertrieben. 
Der Sonderberichterstatter der „Daily News" hat diesen Vorstoß der Engländer anschau 
lich geschildert. „An der äußersten Linie", schreibt er nach der Uebersetzung der „Kölnischen 
Zeitung" (21. X. 15), „zeigte eine besonders dichte Rauchwolke, rein weiß obenauf und 
unten seltsam rot und grün gefärbt, die Stelle an, wo wir unsern Gas-Angriff gegen die 
Hohenzollern-Schanze entfesselt hatten,—wo wir uns bemühten, Vergeltung an den Deutschen 
zu üben, die zuerst diese giftige Waffe angewandt haben (vgl. V, S. 156 f.). Die Wolke, 
etwa 0,7 Kilometer breit und sehr ungleich in ihrer Höhe, trieb stetig auf die feindlichen 
Linien zu und hüllte sie dicht ein. Sie war bald darauf kaum mehr zu unterscheiden 
von andern Rauchsäulen, die vom Boden in die Höhe stiegen und in der Luft zu 
einem gewaltigen Baldachin zusammenflössen. Zuweilen konnte man ohne Mühe zwischen 
den verschiedenen Höllenerfindungen unterscheiden, von denen immer mindestens eine sicher 
wirkt, wenn die andern versagen. Man sah die gewöhnlichen weißen Watteflöckchen der 
Schrapnells, die schmutzig-schwarzen Entladungen eines „Kohlenkastens", die grünen 
oder rötlichen Flecken einiger Stinkbomben, den grellen Aufblitz eines schweren Geschosses, 
gefolgt von einer aufschießenden Kaskade von Flammen und Funken, die niedersank 
wie der „Goldene Regen" bei Feuerwerken. Zuweilen konnte man auch den Blitz eines 
unserer Geschütze sehen und die Explosion des Geschosses feststellen; hin und wieder sah 
man auch ein Gebäude in Hulluch plötzlich in Nichts zerfallen. Manchmal waren alle 
Stellungen des Feindes durch Rauch und Flammen und zerstörte Gräben und Gebäude 
dem Blick entzogen, und als Hulluch endlich wieder auftauchte, nahm die Wolke über 
seinen häßlichen Türmen etwas von der duftigen Anmut eines Turnerschen Aquarells 
an. Zwei Stunden oder länger wütete dieses Höllenschauspiel ohne eine Sekunde 
Pause. Für eine kurze Zeit besorgten wir, als die Angreifer, das Feuern fast allein; 
aber die Deutschen ließen mit der Antwort nicht auf sich warten, und die Schlacht war 
kaum einige Minuten im Gange, als ihre Geschosse über unsern Gräben platzten, die 
Dächer der Häuser in Vermelles auftissen, einen großen Brand bei Vermelles ent 
zündeten und jeden Brocken der dicht hinter unseren Linien gelegenen Schlackenhügel 
wegfegten, die als Beobachtungsposten hätten dienen können.
	        
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