Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

92 Die Ereignisse an der We st front im dritten Kriegshalbjahr 
Die französische Offensive in der Champagne Ende September 1915 
Nach französischer Ausfassung 
Der Pariser Mitarbeiter der „Neuen Zürcher Zeitung" hat in zwei ausführlichen 
Artikeln (18. u. 19. XI. 15) die französische Auffassung über die Bedeutung der Herbst 
schlacht in der Champagne dargestellt. Seine Ausführungen, die gleich zu Beginn als 
offiziös und als Gegenstücke zu den deutschen Veröffentlichnngen gekennzeichnet werden, 
sind als französische Bewertung des französischen Erfolges nach seiner materiellen und 
moralischen Seite und auch als Beispiel, wie die neutralen Länder von den Entente- 
Staaten über ihre kriegerischen Erfolge unterrichtet werden, so überaus lehrreich, daß 
sie hier nicht übergangen werden können. 
„Die Franzosen sind die ersten, anzuerkennen", heißt es in der Einleitung, „daß 
die bisherige Gestaltung der Kämpfe einen strategischen Bruch der deutschen Front nicht 
bewirkt hat; die Verhältnisse scheinen uns allerdings auch zu verschieden, als daß dem 
französischen Generalstab wirklich der Dunajecdurchbruch vorgeschwebt hat oder noch 
vorschwebt — doch wollen wir diese Frage offen lassen. Der erreichte taktische Erfolg 
allein genügt, um die hohe Befriedigung, die in den maßgebenden militärischen Kreisen 
herrscht, zu rechtfertigen und zu verstehen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß hier die 
auch anderorts vertretene Auffassung Geltung hat, wonach ein verlustreicher Verfolgungs- 
seldzug nach dem Beispiel der Deutschen in Galizien und Polen erspart und die Wider 
standskraft des Gegners durch das Festhalten am Prinzip des Abnützungskrieges in 
einem zur Stunde noch ungewissen, aber mit Notwendigkeit eintretenden Zeitpunkt 
automatisch gebrochen werden kann. Die Strategie Joffres hat in diesem Falle gar 
nicht nötig, Anleihen bei Hindenburg und Mackensen zu machen. In einem offiziösen 
Schriftstück lesen wir: „Das einzige Endziel der Kriegführung ist die Vernichtung der 
feindlichen Armee, nicht die Besetzung eines größeren oder geringeren Territoriums. 
Die Zukunft wird lehren, ob nicht die überaus große materielle und moralische Schädi 
gung, die unsere Offensive in der Champagne der deutschen Westarmee zugefügt hat, ein 
Faktor in der Herbeiführung der Endkatastrophe gewesen ist. Eine Armee, die auf einer 
Front von 25 Kilometern und in einer Tiefe von drei bis vier Kilometern ihre befestigte 
Linie aufgibt, unter schwersten Verlusten vor dem Angreifer zurückflutet und sich auf 
die Defensive beschränkt, beweist ihre Inferiorität. . ." 
Es werden dann auf Grund einer Besprechung mit einem Teilnehmer der Cham 
pagneoperationen zunächst die sorgfältigen und umfassenden Vorbereitungen geschildert, 
die alle den Zweck hatten, eine Offensive ohne große Mannschaftsverluste zu ermög 
lichen; dann wird der siegessichere Tagesbefehl des Generals Joffre vom 23. September 
1915 wiedergegeben, der lautet: „Soldaten der Republik! Nach Monaten des Wartens, 
in denen wir unsere Kräfte und Hilfsmittel vermehren konnten, während der Feind die 
seinigen verbrauchte, ist die Stunde gekommen, um anzugreifen und zu siegen und neue 
Ruhmesblätter denjenigen der Marne, Flanderns, der Vogesen und Arras' hinzuzufügen. 
Hinter einem Orkan von Eisen und Wellen von Feuer, die Ihr den Werkstätten 
Frankreichs verdankt, in denen Eure Brüder Tag und Nacht für Euch gearbeitet 
haben, geht Ihr alle miteinander auf der ganzen Front zum Sturme vor in enger 
Verbindung mit den Armeen unserer Verbündeten. Euer Elan wird unwiderstehlich 
sein; er wird Euch im ersten Anlauf bis zu den Batterien des Gegners jenseits 
seiner befestigten Linien führen. Ihr werdet ihn unaufhaltsam verfolgen und ihm 
keine Ruhe gönnen, bis zur Befreiung Eueres Vaterlandes, für den Triumph des Rechts 
und der Freiheit." 
Schließlich wird die Behauptung ausgestellt, bei den Kämpfen in der Cham 
pagne Ende September und Anfang Oktober 1915 habe es sich nicht um einen ein
	        
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