Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

68 Die Ereignisse an der Westfront im dritten Kriegshalbjahr 
hos südwestlich der Stelle, wo die Engländer hinüber mußten, waren nicht weniger als 
100 (?) Maschinengewehre ausgestellt. Es war 8 Uhr morgens, als die englischen Truppen 
die Außenviertel von Loos erreichten. Beinahe zwei Stunden lang tobte hier nun ein 
furchtbarer Kampf. Die zahlreichen Bataillone gerieten durcheinander, viele ihrer Offi 
ziere wurden getötet oder verwundet. Häufig kämpften Mann gegen Mann oder kleine 
Gruppen miteinander, wobei die Kämpfenden fich ihre Wege von Haus zu Haus bahnten 
und manchmal in Zimmer und Keller flüchteten. Obschon das Dorf durch das eng 
lische Artilleriefeuer schwer beschädigt worden war und die Kirche in der Mitte in 
Trümmern lag, war kein Brand entstanden und hingen die Fensterrahmen noch in ihren 
Angeln. Aber überall verteidigten fich kleine deutsche Abteilungen mit dem Mut 
der Verzweiflung und wollten eher bis aus den letzten Mann fallen, als sich er 
geben. Die Masse der Deutschen war jedoch zweifellos überrascht und durch die 
Schnelligkeit des Vorgehens ihres alles vor sich wegfegenden Gegners verblüfft. Schließ 
lich ergaben sich doch viele, so daß die Engländer zahlreiche Gefangene machen konnten. 
An einzelnen Punkten des Dorfes jedoch dauerte der Widerstand länger, wobei das 
Schnellfeuer aus zahlreichen Häusern den Engländern starke Verluste verursachte. Ab 
teilungen von Bombenwerfern, die von den Kellertreppen aus Handgranaten in die unter 
irdischen Festungen warfen, mußten das Feuer zum Schweigen bringen. Die Keller 
von Loos liegen noch voll Toter." 
Der Berichterstatter lobt dann den vorbildlichen Mut und die Aufopferung der 
Deutschen und fährt fort: „Auf ein Haus, in dem sich ein englischer Oberst mit 
seinen Offizieren aufhielt, begannen plötzlich die Granaten zu regnen. Das hatte ein 
deutscher Offizier veranlaßt, der unten im Keller verborgen, seiner Batterie telephoniert 
hatte. Er nahm an, daß die Offiziere in dem Hause höhere Persönlichkeiten seien, 
als es der Fall war, und nahm die Gefahr auf sich, selber unter den Trümmern 
begraben zu werden. Einzelne Bataillone, die fich glänzend den Weg durch Loos 
gebahnt hatten, kämpften nun um die etwa 1600 Meter weiter vorwärts liegende Höhe 70. 
Der Weg dorthin war vom Schrapnellfeuer und Maschinengewehrfeuer bestrichen, während 
unsere Mannschaften stetig durch das steigende Gelände vordrangen. Es ist mehr eine 
Erdwelle als eine Höhe. An einem ihrer Ausläufer liegt das Arbeiterviertel St. Auguste, 
das der Feind besetzt hielt und von wo aus er die anrückenden englischen Heeressäulen 
zu übersehen vermochte. Aus den Fenstern der Häuser, von dem höher gelegenen Ge 
lände und den benachbarten Schützengräben prasselte ein Feuerstrom auf die Engländer 
herab. Nichtsdestoweniger hielten diese stand. Als sie unterwegs eine Art Brustwehr 
antrafen, gruben sie sich tiefer ein und bekamen auf diese Weise genügend Deckung. Die 
ersten englischen Soldaten erreichten die Höhe 70 um 10 Uhr und klammerten sich um 
jeden Preis an dieser Stellung fest, bis sie abends 11 Uhr durch Truppen, die den Kamps 
am folgenden Tag fortsetzten, abgelöst wurden." 
Alle englischen Zeitungskorrespondenten bewunderten die Haltung der deutschen Ge 
fangenen. John Buchan von der „Times" und „Daily News" erklärte nach dem 
„Nieuwe Rotterdamsche Courant" (29. IX. 1915): „Die Kriegsgefangenen waren Männer 
von kräftiger Körperbeschaffenheit, die besser aussahen, als ich solche je zuvor unter den 
deutschen Truppen gesehen habe. Es waren jedoch auch verschiedene junge Leute darunter 
und auch eine nicht unbedeutende Zahl von Männern reiferen Alters mit der Land 
sturm-Kokarde an der Mütze. Die meisten waren jedoch gutgebaute junge Leute, der 
Typus der Landbewohner. Sie zeigten keinerlei Befangenheit. Sie führten rasch aus, 
was ihnen besohlen wurde, und einer der ihren, der sich irrte, erhielt von seinem Ser 
geanten die Mahnung, er solle sich erinnern, daß er ein Deutscher sei und den Eng 
ländern zu zeigen habe, daß er wisse, wie er sich zu betragen hätte. Die meisten schienen
	        
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