Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

26 Die Ereigniss e an der Westfront im dritten Kriegs Halbjahr 
Episoden 
Englische Marmelade 
Maurice Barrss, der aus Einladung der englischen Regierung auch die englische 
Armee besichtigte, veröffentlicht im „Echo de Paris" eine Reihe von Artikeln, in denen 
er anschaulich schildert, was er zu sehen bekam. Unter anderem erzählt er nach der 
Übersetzung der „Vossischen Zeitung" (22. IX. 15) folgendes: „Tatsache ist, daß der 
Engländer nur losgeht, wenn er gut ernährt wird. In Transvaal war es eine der 
größten Sorgen Lord Roberts, den Betrieb der Intendantur auszubauen und zu vervoll 
kommnen. Hatten die Soldaten ihr Roastbeef, so schlugen sie sich gut. Ihr Organismus 
widersteht nicht der Entbehrung, wie der unsrige. Und schließlich! Sie haben ihre Ge 
wohnheiten, ihre Sitten, ihre Traditionen! Selbst wenn ihre Vorgesetzten sich sträubten, 
sie hätten sich doch danach zu richten! Man muß die Völker nehmen, wie sie sind. 
Ein General inspiziert und fragt den diensttuenden Offizier: Was sagen die Leute? 
Sie wünschen etwas mehr Gemüse und weniger Fleisch. 
Gut. Was noch? 
Sie beklagen sich, daß man ihnen immer dieselbe Marmelade gibt. 
Und der General antwortete: Man muß auch mit der Marmelade abwechseln. 
Der Franzose, der dieses Gespräch mit anhörte — Barrös bezeichnet wohl damit sich 
selbst — konnte sein Entsetzen darüber nicht verbergen. „Wie?" fragte er den General, 
als sie allein waren — „diese Leute haben täglich jeder seine Ration Marmelade. Und 
Sie zeigen sich wegen des Umstandes besorgt, daß es stets Erdbeermarmelade ist. Sie 
verschaffen ihnen auch Pflaumen- und Kirschenmarmelade . . .?" „Im Augenblick ihrer 
Einstellung ins Heer," erwiderte der englische General, „haben sie die Zusicherung er 
halten, daß sie in einer vorher mit ihnen vereinbarten Weise verpflegt würden. Wir müssen 
diese Verpflichtung innehalten." 
Eine andere Geschichte von vielen: „In einem großen Depot weigern sich fünf oder 
sechs Engländer mit mehr oder minder guten Gründen, sich gegen die Typhusgefahr 
impfen zu lassen. Der Kommandant glaubte, sie isolieren zu müssen unter dem Vor 
wände, daß sie für die andern gefährlich werden könnten. Aber Briefe kamen aus 
England von den Familien jener Engländer an die Militärbehörden, in denen erklärt 
wurde, daß die Leute bei ihrer Anwerbung die Verpflichtung, sich impfen zu lassen, nicht 
übernommen hätten. Und der General gab ihnen recht. 
Die englischen Soldaten haben sich verpflichtet, gut zu dienen und sich, wenn nötig, 
töten zu lassen. Aber die Regierung hat sich verpflichtet, sie zu bezahlen, sie zu ernähren 
und ihnen dasjenige Maximum von Freiheit, das der Kriegszustand gestattet, zu ge 
währen. Das sind gegenseitig in voller Freiheit übernommene Verpflichtungen, die man 
in gutem Glauben zu erfüllen bestrebt ist. Von Seiten der militärischen Vorgesetzten 
dagegen verstoßen, hieße die Quelle der Rekrutierung verstopfen!" 
Zu Hause 
Von Julius Hirsch. 
Der kommandierende General hatte mich rufen lassen. „Den Mann müssen Sie sich 
ansehen! Das ist ein Unikum!" Und dann erzählte mir Exzellenz, noch freudig bewegt 
von der interessanten Meldung, die er eben erhalten hatte, von einem Musketier, den 
man aus einem durch Trommelfeuer des Gegners gänzlich verschütteten Unterstand aus 
gegraben hatte, lebtnd ausgegraben hatte, aber nicht nach zwei oder drei Tagen, nein, 
nach acht, sage acht Tagen! 
Der Mann war natürlich in einem bedauernswerten Zustand. Nachdem er sich — 
wie er nach seiner Rettung erzählte — von einer schweren Betäubung erholt hatte,
	        
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