Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

22 Die Ereignisse an der Westfront im dritten Kriegshalbjahr 
Später kam noch eine Antwort auf unser Feuer aus dem Südwesten. Hinter Nieuport 
hatten die Franzosen ein neues, sehr weittragendes Geschütz aufgestellt, um mit ihm den 
seit der Beschießung von Dünkirchen recht übel angeschriebenen deutschen „langen Max" 
einigermaßen paralysieren zu können. Mit ihm, der den Deutschen als „schwarzer Peter" 
sehr wohl bekannt ist, tasteten sie das Gelände ab, das sie nicht übersehen konnten. Ein 
Wutanfall! Aber schließlich fand auch der „schwarze Peter" die Sache langweilig und 
hüllte sich wieder in Schweigen." 
Der Argonnensturm nordöstlich von Vienne-le-Chäteau 
Am 8. September 1915 
Ueber den erfolgreichen Septembersturm in den Argonnen bei dem württembergische 
und lothringische Truppen unter Führung des Generals v. Mudra die in die deutsche 
Linie bogenförmig vordringende französische Stellung über Hubertusrücken, Charmebach 
tal und Houyettemulde eindrückten, ist im „Ulmer Tagblatt" (17. IX. 1915) ein aus 
führlicher Bericht erschienen. Darnach war der Angriff auf Mittwoch den 8. Sep 
tember 1915 angesetzt worden. „Punkt 8 Uhr morgens bei hellem schönem Herbst 
wetter begann das Schießen der deutschen Artillerie. Jede Sekunde mehrere Explosionen 
der Feldgeschütze, Haubitzen, Mörser verschiedenen Kalibers, leichte, mittlere, schwere 
Minen. Dazu die Abschüsse, das Echo in den Tälern und Schluchten. Während 
dieser Zeit warteten unsere schon bereit gestellten Sturmtruppen in den tiefeingegrabenen 
Stollen und Deckungen. Die französische Artillerie schoß erst nach einiger Zeit gegen 
die deutsche Artillerie und dann auf die deutschen Stellungen, konnte aber die vor 
dersten deutschen Gräben nicht belegen, da sie zu nahe an den eigenen Gräben lagen. 
Auch das Gelände hinter der französischen Front wurde von uns von einzelnen Ge 
schützen schweren Kalibers auf den mutmaßlichen Hauptstraßen mit Feuer belegt. Weiter 
entfernte Lager und einzelne Ortschaften sind dabei von besonders schweren Mörsern unter 
Feuer genommen worden. Um 10 Uhr 57 Min. verlegte die deutsche Artillerie ihr 
Feuer seindwärts, damit die inzwischen nach den vorderen Linien gezogenen deutsche» 
Sturmkolonnen nicht gefährdet waren. 
Punkt 11 Uhr ging es los. Mit der Tollkühnheit und bewunderungswürdigen 
Todesverachtung der Argonnenkämpfer stürzten die Sturmkolonnen vorwärts, so rasch 
sie konnten; es muß das psychologische Moment der Ueberraschung ausgenutzt werden. 
Der ersten Linie folgten bald weitere als Verstärkung, dann die gefürchteten Maschinen 
gewehre, während Reserven als Rückhalt bereit gestellt wurden. Die Abschnittskomman 
deure und die höheren Führer hatten sich noch besondere Reserven zur Verfügung ge 
stellt, deren Eingreifen nur in kritischen Augenblicken gedacht war. Dazu kam es aber 
nicht. Der ungestüme Offensivgeist unserer braven Leute brach rasch jeden versuchten 
Widerstand vornehmlich mit Handgranaten, und die Besatzungen der beiden ersten 
Gräben waren mit allem, was drinnen war, gefangen. Nur in der Mitte beim dritten 
Graben waren noch Maschinengewehre in Tätigkeit und einzelne Grabenteile nicht ganz 
niedergekämpft. Eine Sturmkolonne des linken Flügelregiments nahm, von hinten in 
einen Steinbruch eindringend, die ganze Besatzung von 60 Mann gefangen." 
Ein deutscher Offizierstellvertreter, der eine der Sturmkolonnen anführte, schilderte 
seine Erlebnisse in der „Täglichen Rundschau" (23. IX. 1915). „Drei Stunden," schreibt 
er, „saßen wir in einem Loch, wie ein Sarg so groß, zu vier Mann. Die Erde dröhnt 
und zittert unheimlich. Mit aller Anstrengung, einer Zigarette und einem Schluck 
Kaffee sucht man der Uebelkeit, die infolge der Erderschütterungen uns zu überfallen 
droht, Herr zu werden. Viele, darunter ich, sind nüchtern geblieben im Hinblick auf 
einen etwaigen Bauchschuß.
	        
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