Volltext: Der Völkerkrieg Band 6 (6 / 1916)

Die Ereignisse im fernen Osten 
Von Ende 1914 bis August 1915 
Fortsetzung von Band II, Seiten 281 bis 294 
Nach der Besetzung von Tsingtau 
Ein Stimmungsbild aus Tsingtau unmittelbar nach dem Einzug der Japaner 
und Engländer gibt Superintendent Voskamp in den „Berliner Missionsberichten" An 
fang 1915. Er schreibt u. a.: „Zwischen Japanern und Engländern herrscht wegen des 
feigen Verhaltens der letzteren ein sehr gespanntes Verhältnis. In den ersten Tagen 
war es den Engländern nicht erlaubt, die Stadt zu betreten. Die Japaner hielten scharfe 
Manneszucht, so daß wir Gott dankten, daß wir in die Hände dieser Heiden und nicht in 
die der Russen, Franzosen und Engländer gefallen waren. ... 
Da die allgemeine Wehrpflicht alle waffenfähigen Deutschen Ostasiens, auch den Land 
sturm und die Dienstuntauglichen, in Tsingtau zur Verteidigung versammelt hatte, 
hofften die Engländer, besonders auch der frühere englische Konsul Eckford, durch die 
Vernichtung der gesamten Garnison dem deutschen Handel den Todesstoß zu versetzen. 
Aber unsere Verluste waren verhältnismäßig gering; auch ist es den Chefs der hiesigen 
großen Firmen, die zum Landsturm einberufen waren, nach langen Verhandlungen er 
laubt worden, hier zu bleiben. Darüber ist die Wut und die Enttäuschung der Eng 
länder besonders groß. Man sieht hier so deutlich, wie der ganze Krieg Englands gegen 
Deutschland einen Handelskrieg bedeutet. ... 
Die Verwaltung der Kolonie ist jetzt in japanischen Händen, doch hat man den Ein 
druck, daß die Japaner alle Härten gegen Deutsche vermeiden wollen. Sie stürzten sich auf 
die Akten, um diese zu studieren, und hatten Professoren der Nationalökonomie mit 
gebracht, die zurzeit auch die Polizei verwalten. Die guten Tage, welche die Chinesen 
unter deutscher Herrschaft genossen haben, sind dahin. Der Asiate behandelt seinen 
Landesgenossen mit der ganzen Brutalität eines Eroberers. „Ihr Deutschen habt die 
Chinesen verwöhnt und frech und arrogant gemacht," sagte ein höherer japanischer Offizier." 
Die Mißstimmung der Japaner gegen ihre englischen Verbündeten 
wird in zahlreichen anderen Berichten bestätigt. So wurde der „Frankfurter Zeitung" 
folgendes Geschichtchen über die erste Zusammenkunft erzählt, die Gouverneur Meyer- 
Waldeck bei den Uebergabeverhandlungen in Tsingtau mit dem General Kamio hatte, 
einem Lieblingsschüler des deutschen Generals Meckel, der die japanische Armee organisierte. 
Kamio sprach zuerst die Hoffnung aus, daß Deutschland und Japan nie wieder in 
Waffen gegeneinander stehen würden usw., während der anwesende englische General 
vollständig als Luft behandelt wurde. Als Kamio dann sagte: „Meine Herren, durch 
die Gnade meines Herrschers wird Ihnen auch in Japan das Tragen des Degens 
gestattet, sagte plötzlich der Engländer: „I too have to announce you, that through 
the grace of my sovereign ...“ „Können Sie mir dies schriftlich zeigen?" fragte scharf 
Kamio: „Ich gebe Ihnen 24 Stunden Zeit, nach London zu telegraphieren, sonst können 
Sie Ihren Namen nicht unter dieses Protokoll setzen." Einem deutschen Kaufmann, 
dessen Brief gleichfalls von der „Frankfurter Zeitung" veröffentlicht wurde, erzählte ein 
deutschsprechender japanischer Offizier, man habe die Engländer zweimal aufgefordert, 
am Sturm teilzunehmen, sie hätten sich aber geweigert. „Die einzigen Verluste, die 
die Engländer gehabt haben, entstanden dadurch, daß zwei deutsche Granaten unter 
ihnen platzten, als sie mit Holzholen für die Japaner beschäftigt waren; sie 
mußten also Kulidienste für ihre gelben Verbündeten verrichten. Sie wollten auch
	        
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